Wien – Am 9. August wird ein neuer ORF-Generaldirektor gewählt. Der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz und ORF-Finanzdirektor Richard Grasl gelten dabei als aussichtsreichste Bewerber. Wrabetz könnte dabei als erster ORF-Chef dreimal hintereinander bestellt werden, für Richard Grasl wäre es die erste Amtszeit an der Spitze des Österreichischen Rundfunks (ORF).

"Tiger" Gerd Bacher

Vor Wrabetz haben bisher sechs Personen – davon fünf Generalintendanten und eine Generaldirektorin – die Geschicke des öffentlich-rechtlichen Senders gelenkt: Gerd Bacher, Otto Oberhammer, Thaddäus (Teddy) Podgorski, Gerhard Zeiler, Gerhard Weis, Monika Lindner. Mehr als eine Amtszeit haben bis jetzt nur Bacher und Wrabetz geschafft: "Tiger" Bacher wurde insgesamt fünfmal zum ORF-General bestellt und stand – mit Unterbrechungen – 20 Jahre lang an der Spitze des ORF. Erstmals wurde Bacher am 9. März 1967, nach der Rundfunkreform, Generalintendant und im März 1971 wiederbestellt.

Otto Oberhammer, Teddy Podgorski

1974, drei Monate nachdem die SPÖ unter Bruno Kreisky gegen die Stimmen von ÖVP und FPÖ das neue Rundfunkgesetz beschlossen hatte, verfehlte Bacher die Mehrheit im Kuratorium. Er wurde von Otto Oberhammer, Sektionschef im Justizministerium, abgelöst. Dieser wurde im frisch konstituierten ORF-Kuratorium zunächst für drei Monate provisorisch, im Jänner 1975 schließlich definitiv bestellt. 1978 kehrte Bacher zurück und blieb zwei weitere Funktionsperioden Generalintendant, bis er 1986 Teddy Podgorski unterlag. 1990 wollte es der "Tiger" noch einmal wissen und hielt ein letztes Mal für vier Jahre im 6. Stock des ORF-Zentrums am Küniglberg Einzug.

Gerhard Zeiler übernimmt

Definitiv zu Ende ging die "Ära Bacher" im Oktober 1994, als Gerhard Zeiler die Tasten und Pedale der "Medienorgel" ORF übernahm. Doch auch Zeiler hatte nach vier Jahren genug und verabschiedete sich nach Köln, wo er zunächst als Geschäftsführer des Privatsenders RTL werkte, zum mächtigen Boss der internationalen RTL Group aufstieg und später Präsident der Turner Broadcasting System International wurde, zu der auch das CNN-Netzwerk gehört. Vor fünf Jahren hätte Zeiler eine zweite Periode an der Spitze des ORF kurz gereizt, aufgrund der fixen roten Mehrheit für Alexander Wrabetz sah er von einer Kandidatur aber ab.

Gerhard weis folgt nach

Gerhard Weis trat im Oktober 1998 Zeilers Nachfolge an. Seine Funktionsperiode, die eigentlich auf vier Jahre – bis Oktober 2002 – angelegt war, wurde aufgrund der ORF-Reform der schwarz-blauen Regierung verkürzt. Unter den Vorzeichen des neuen ORF-Gesetzes kandidierte der von ÖVP und FPÖ unerwünschte Weis im Dezember 2001 zwar noch einmal, unterlag letztlich aber der niederösterreichischen Landesintendantin Monika Lindner, die auf die Unterstützung von Schwarz-Blau zählen konnte.

Generaldirektorin Lindner

Mit Monika Lindner trat am 1. Jänner 2002 erstmals eine Frau an die Spitze des ORF. Weiteres Novum ihrer Amtszeit: Lindner trug als erste den Titel "Generaldirektorin" statt – wie zuvor üblich – "Generalintendant". Trotz des zähen Ringens der ÖVP um ihre Wunschkandidatin unterlag sie bei der ORF-Wahl im August 2006 ihrem Kontrahenten, dem damaligen Kaufmännischen Direktor Alexander Wrabetz.

Regenbogenkoalition wählt Wrabetz

Seit 1. Jänner 2007 lenkt Alexander Wrabetz die Geschicke des ORF. Er wurde im Sommer 2006 von einer Regenbogenkoalition aus SPÖ, BZÖ, Grünen, FPÖ, Unabhängigen und bürgerlichen Betriebsräten unterstützt. Ende 2009 holte Wrabetz Richard Grasl als Kaufmännischen Direktor in sein Team. Bei SPÖ-Kanzler Werner Faymann zwischenzeitlich in Ungnade gefallen und auf der Abschussliste, holte sich Wrabetz mit einer Reihe von Personalentscheidungen wieder die Rückendeckung der SPÖ und brachte es bei der bisher letzten Generaldirektorenwahl im August 2011 ohne ernst zu nehmenden Gegenkandidaten schließlich auf eine satte Mehrheit im ORF-Stiftungsrat. Wrabetz erhielt damals 29 von 35 Stimmen. (APA, 29.7.2016)