Wien – Milliarden von Mikroorganismen leben in Symbiose in und auf Menschen und Tieren. Diese winzigen Lebewesen nehmen wichtige Funktionen für den Wirt wahr: Sie stärken das Immunsystem, stellen essenzielle Vitamine und Nährstoffe bereit und schützen auch gegen Krankheitserreger. Moderne DNA-Sequenzierungsverfahren eröffnen Einblicke in die komplexe Zusammensetzung und die genomischen Fähigkeiten der mikrobiellen Gemeinschaft – auch als Mikrobiom bezeichnet –, sodass nun Veränderungen des Mikrobioms mit verschiedensten Krankheiten, wie entzündlichen Darmerkrankungen, Übergewicht, Diabetes, Krebs, oder Autismus, in Zusammenhang gebracht werden konnten.

Das genaue Verständnis der Rolle der Mikroorganismen für die Gesundheit ihres Wirtes erfordert enge Zusammenarbeit von Medizinern und Wissenschaftern aus unterschiedlichen Bereichen. Eine kürzlich gestartetes Netzwerk, die "Austrian Microbiome Initiative" (AMICI), bringt österreichische Experten und Fachgesellschaften zusammen, um die nationale Forschung in diesem Bereich zu stärken.

Vielfältige Wechselwirkungen

Hauptaufgabe der Mikrobiomforschung ist es, die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen der Art wie wir leben, was wir essen, welche Medikamente wir nehmen zu enthüllen. "Wir wollen nun verstärkt die Wirkmechanismen zwischen unserem Körper und den Mikrobiota aufklären und die Funktion einzelner Mikroben im komplexen Verbund mit den anderen Mikroben und dem Wirt verstehen", erklärt Alexander Loy, Mikrobiologe an der Universität Wien und AMICI-Geschäftsführer, der derzeit die Funktionen von Mikroorganismen im menschlichen Darm untersucht.

Zu den ambitionierten Zielen der Forscher gehört auch die Entwicklung neuer Mikrobiota-basierter Diagnoseverfahren, Therapieansätze und Ernährungskonzepte. Bereits jetzt zeigen unkonventionelle Ansätze wie Fäkaltransplantation ungeahnte Wirksamkeit bei akuten Durchfallerkrankungen, die von Clostridium difficile-Erregern verursacht werden. (red, 28.7.2016)