Gut, es ist schon eine schöne Weile her, als sich die ältesten Vorfahren des Menschen abends in einer Höhle rund ums Lagerfeuer scharten und gemeinsam ihr Mammutsüppchen löffelten. Draußen fauchte mit knurrendem Magen der Säbelzahntiger, und auch anderes Getier machte es ratsam, indoor zu speisen. Es ist noch nicht so lange her, da hätten jüngere Vorfahren den Kopf geschüttelt angesichts des immer trendiger werdenden Kochens unter freiem Himmel. Doch Getier und Zeitgeist hin oder her: Outdoor-Küchen sind schwer angesagt.

Fand man früher in Gärten oft nur einen wackligen Grill und eine Plastiksitzgruppe, im besten Fall noch eine Hollywoodschaukel, werden diese Außenräume mehr und mehr mit Funktionen der Innenräume belegt. Die gemeinsame Nahrungszubereitung, das gemeinsame Essen wird gerade unter freiem Himmel immer mehr zur inszenierten Festivität samt Bühne. Auf dieser darf die Feuerstelle nicht fehlen, die immer aufwendigere Formen bis hin zu wetterfesten Küchenzeilen annimmt.

Puristische Outdoorküche aus Beton von WWOO.
Foto: WWOO

Ob trendiges Bobo-Gehabe, Statusgeprotze oder einfach nur Freude am Lebensraum Garten – ein alter Spruch lautet: "Die besten Partys finden in der Küche statt." Und genau daher liegt der Schluss für Hersteller von Outdoor-Kochmöglichkeiten nahe, dass die noch bessere Party dort stattfindet, wo die Küche im Garten steht. Der Umstand, dass der Sommer hierzulande nur einen kleineren Teil des Kalenders einnimmt, scheint immer weniger Zeitgenossen zu stören.

Einer der Pioniere bei Freiluftküchen: Die deutsche Firma Kaufmann Grillkitchen.
Foto: Kaufmann Grillkitchen

Zündelobjekte

Einer der Pioniere in Sachen Outdoor-Küchen im deutschsprachigen Raum ist die Firma Kaufmann Grillkitchen, die vor fünf Jahren mit einer Betonküche mit zentraler Feuerstelle startete und mittlerweile Dinge in den Garten stellt, die alle Stückerln spielen. Grundsätzlich unterscheidet Verkaufschef Dominik Schertenleib zwei Typen von Kunden: "Der eine ist der echte Griller, der will Gas, Holzkohle, das ,Big Green Egg' für Niedrigtemperaturgaren und andere Zündelobjekte. Beim anderen steht das Interieur im Vordergrund, ihm geht es vor allem um einen Ort der Dekoration."

In Sachen Materialien geben Stein-, Beton-, Holz- und Edelstahloberflächen den Ton an. Das Design reicht von rustikaler Werkstattästhetik bis hin zur reduzierten Hochglanzatmosphäre. Von Vorteil sind modulare Systeme, die sich erweitern lassen und flexibel sind. Mit der puristischen WWOO-Outdoorküche aus Beton zum Beispiel können aus 1,5 Meter breiten Modulen drei, viereinhalb oder sechs Meter breite Wandlösungen mit jeder Menge Accessoires in den Garten gebaut werden. Ganz anders gestaltet sind wiederum die Freiluft-Kochinseln "Tinozza" von Minacciolo. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Weinfässern und Saunaaufgusskübeln.

Freiluft-Kochinseln Tinozza von Minacciolo.
Foto: Minocciolo

Die Ursachen für den Trend, die Küche in den Garten zu verlegen, verortet Schertenleib einerseits im gewachsenen Wohlstand, der nun aus dem Haus und der Garage in den Garten quillt, andererseits begründet er diese Entwicklung mit einem gewissen Fernweh, sprich mit dem Wunsch nach südlichem Urlaubsfeeling nördlich der Alpen. Trotz oder gerade wegen der hier üblicheren Wettersperenzchen. Der in den letzten Jahren rapid gewachsene Stellenwert von Kochen und allem, was dazugehört, trägt das Übrige dazu bei. Mit einem brutzelnden Bernerwürstl bei der Grilleinladung schaut man heute alt aus. Mittlerweile muss schon ein Pulled Pork mit gegrillten Artischocken auf den Grillteller.

Lagerfeuerromantik

Draußen zu kochen und das dafür nötige Interieur vom Wohnraum nach außen zu stülpen, stellt auch für das heimische Designduo chmara.rosinke eine spannende Herausforderung dar. Die beiden sehen die Küche als ein Medium für ein soziales und interaktives Geschehnis. Dies brachten sie 2012 im Rahmen ihres Projekts "Mobile Gastfreundschaft" in Form – eine Art ordentlich aufgepimpter Küchenschubkarren mit Abwasch und Gaskochern, der mit dem österreichischen Anerkennungspreis für experimentelles Design ausgezeichnet wurde.

Das helle, geölte Holz steht dabei im Kontrast zu den grellen Farben der Räder, Schnüre, Schläuche und anderen Utensilien, welche die beiden nach aufwendiger Suche in diversen Baumärkten kombiniert haben. Die Küche kommt so funktional wie reizend, durchdacht wie frech daher und macht Lust aufs Raus. Die erste Speiseabfolge, die chmara.rosinke darauf kochten, lautete übrigens: Karotten-Avocado-Suppe, Chili-Zitronen-Pasta und selbstgemachter Schokoladenpudding.

Draußen zu kochen stellte für das heimische Designduo chmara.rosinke eine spannende Herausforderung dar.
Foto: chmara.rosinke

Weniger experimentell, mehr Richtung Miami Vice geht der heimische Küchenhersteller Steininger die Sache an. Die Küche "Rock.Air" hat die Anmutung eines konventionellen Küchenblocks, der allerdings aus minimalen Edelstahlkuben besteht, die mit einer Nanobeschichtung aus Glaskeramik überzogen wurden, und sogar Minustemperaturen standhält. Bei Steininger will man damit das ganzjährige Outdoor-Kochen anregen. Egal wo. Die Lagerfeuerromantik geht damit freilich den Bach hinunter. Aber man kann nicht alles haben. Und noch etwas: Der Säbelzahntiger ist ausgestorben. (Michael Hausenblas, RONDO, 30.7.2016)