Springer (31) war lange auf sich allein gestellt, seit Mai steht seine Qualifikation für Rio fest.

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Es gibt etliche österreichische Sportler, die vier Jahre lang im sogenannten "Projekt Rio" ordentlich gefördert wurden, aber die Qualifikation für die Olympischen Spiele (ab 5. August) verpasst haben. Thomas Springer hingegen ist der Einzige, der nicht gefördert wurde – und es dennoch nach Rio geschafft hat. Das sagt nicht nur über das heimische Förderwesen, sondern auch über Springer einiges aus.

"Ich bin ein Stehaufmanderl", beschreibt er sich selbst. Springer (31) stammt aus Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt, wo er eine Sportschule besuchte und mit 14 den ersten Triathlon bestritt. Im Juniorenalter schaffte er erste Erfolge, er wurde Europacup-Gesamtsieger, EM-Zweiter, deutscher Meister. Anfang 2005 der erste Rückschlag, Pfeiffersches Drüsenfieber, Springer konnte sich die gesamte Saison aufzeichnen.

Nächster Rückschlag

Er kam zurück, etablierte sich in der deutschen Triathlon-Spitze – da warf ihn 2008 das Guillain-Barré-Syndrom aus der Bahn, eine Nervenwurzelentzündung des Rückenmarks, die zu Lähmungen an den Gliedmaßen und Sehstörungen führt. Die Chance auf Olympia war dahin. Springer fuhr nicht zu den Spielen nach Peking, sondern auf Trainingslager nach Salzburg, im Nachhinein gesehen ein Glücksfall. "In Salzburg hab’ ich meine Freundin kennengelernt."

Wenig später übersiedelte er nach Österreich, 2010 nahm er die Staatsbürgerschaft seiner neuen Heimat an. Beim ersten Triathlon für die neue Heimat wurde er 2010 in Alanya in der Türkei beim Radfahren von einem Konkurrenten gerammt, er stürzte schwer. Der Oberschenkelhalsbruch, den er erlitt, wurde zu spät diagnostiziert und noch dazu schlecht operiert. "Ich war drei Jahre lang weg."

Nach Wettkampfjahren jung

Nach drei Jahren war er wieder da. Springer bringt einen ordentlichen Willen mit. "Viele Menschen arbeiten hart, aber halt in einer Firma. Als Leistungssportler kämpft man für sich selbst. Nur wenn man alles versucht hat, kann man mit sich wirklich zufrieden sein. Es lohnt sich immer zu kämpfen, das will ich später auch meinen Patienten mitgeben."

Er will als Osteopath und Physiotherapeut wirken, die Ausbildung hat er fast abgeschlossen, Praktika fehlen halt noch. Aber bis Tokio 2020 bleibt er im Sport. "Nach Wettkampfjahren bin ich ja ein junger Athlet, weil ich etliche Saisonen verloren haben." In Rio, wo er am 18. August an die Reihe kommt, "sind die ersten Fünf in einer anderen Welt", Springer strebt einen Top-15-Platz an.

Aufgebraucht

Es wäre bei den Männern Österreichs beste Olympiaplatzierung im Triathlon. Die beste WM-Platzierung, den siebenten Platz in Kitzbühel 2013 – "noch mit drei Platten und acht Nägeln im Oberschenkel" – hat er ebenso schon erreicht wie einen historischen dritten Weltcupplatz im Juni 2015 in Huatulco/Mexiko. Springers Qualifikation für Olympia stand erst heuer im Mai fest. Dennoch erstaunt es, dass er den Projekt-Rio-Förderern nicht schon früher aufgefallen ist – und dass sie ihm nicht einmal seine Ausgaben seit Mai ersetzten.

Das Geld ist aufgebraucht, ist zu erfahren. Und Chefkoordinator Peter Schröcksnadel sagt dem STANDARD: "Das Projekt geht ja weiter. Ich hoffe, der Triathlet hat in Rio Erfolg. Dann kriegt er nachher natürlich etwas." Derzeit bekommt Springer, der 1,85 Meter groß ist und 69 Kilogramm wiegt, den größten Teil seiner Kosten vom Triathlonverband ersetzt, auch Sponsoren wie Generali und San Lucar sind eine Hilfe.

Allein der kanadische Betreuer Joel Filliol, der den Österreicher in seine Trainingsgruppe um Vizeweltmeister Mario Mola aus Spanien aufnahm, kostet 500 Euro im Monat. Reise- und Materialkosten kommen noch dazu. Thomas Springer ist keiner, der sich beklagt. "Ich will ja nicht reich werden", sagt er. "Ich bin Triathlet aus Leidenschaft." (Fritz Neumann, 27.7.2016)