Die Parteichefin der Demokraten, Debbie Wasserman Schultz, muss nach Wikileaks-Enthüllungen von ihrem Amt zurücktreten.

Foto: AFP / Gaston de Cardenas

Eigentlich sollte es der bisherige Höhepunkt in der Karriere von Debbie Wasserman Schultz werden. Wäre alles nach Plan verlaufen, wäre die aufstrebende Kongressabgeordnete aus Florida vier Abende hintereinander im Rampenlicht gestanden. Wäre sie nicht über die E-Mail-Affäre gestolpert, die zum Auftakt des Wahlkonvents der Demokratischen Partei für kräftigen Wirbel sorgt, hätte sie in der Rolle der Cheforganisatorin Regie geführt.

So aber musste die Vorsitzende des Nationalkomitees der Demokraten (DNC) ihren Rücktritt einreichen – so abrupt, dass klar war, dass Hillary Clinton ihr das Messer an die Brust gesetzt hatte.

Zumindest zu Beginn also wird die Veranstaltung im Wells Fargo Center zu Philadelphia, die ein Fest der Harmonie werden sollte, von einem Skandal überschattet. Erneut wirft eine E-Mail-Affäre die Szenarien über den Haufen, nachdem schon der fahrlässige Umgang der damaligen Außenministerin Clinton mit E-Mails den Wahlkampf trübte.

Diesmal geht es um 19.252 gehackte Nachrichten vom internen Parteiserver – veröffentlicht von der Enthüllungsplattform Wikileaks. Sie ergeben das Bild eines Parteivorstands, der dem starken Außenseiter Bernie Sanders einen Stein nach dem anderen in den Weg legte, obwohl die Regeln strikte Neutralität verlangt hätten.

In einer E-Mail vom 21. Mai schlug Wasserman vor, auf bestimmte Aussagen Sanders' gar nicht erst zu reagieren: Der Mann werde sowieso nicht Präsident. Dann wieder regte ein Mitarbeiter an: Wenn man erzähle, dass Bernie nichts auf die Reihe kriege, könnte es doch eine schöne Geschichte sein. Um den Hoffnungsträger der Linken zu stoppen, versuchten DNC-Insider vor den Primaries in Kentucky und West Virginia Zweifel am jüdischen Glauben des Kandidaten zu säen. In Wahrheit sei Sanders ein Atheist, sollte suggeriert werden.

Würdevolle Reaktion

Das Bemerkenswerteste an dem Kapitel ist, mit welcher Würde der Senator auf die Enthüllungen reagierte: Er wisse seit langem, dass sich das DNC nicht fair verhalten habe. Nach Sanders' Worten haben die Demokraten alles einem einzigen Ziel unterzuordnen: zu verhindern, dass Donald Trump im November die Wahl gewinnt.

Ebenso bemerkenswert sind die außenpolitischen Irritationen, die den Enthüllungen folgen. Nach Lesart des Clinton-Lagers hat Russland seine Hände im Spiel, womöglich der russische Präsident Wladimir Putin persönlich. Robby Mook, Clintons Wahlkampfmanager, sieht Hacker im Auftrag des Kreml am Werk; sie hätten den Fundus an Wikileaks weitergegeben. Beweise nennt Mook nicht, glaubt aber ein politisches Motiv auszumachen: Die Russen wollten Trump unterstützen. Der habe schließlich erkennen lassen, dass die USA unter ihm den baltischen Nato-Mitgliedern im Zweifelsfall den Beistand verweigern könnten, sollten sie von Russland angegriffen werden und ihren finanziellen Verpflichtungen im Bündnis nicht nachgekommen sein.

Wie die "New York Times" unter Berufung auf US-Ermittler schreibt, seien die Behörden zu dem Schluss gekommen, dass die Hacker im Auftrag zweier russischer Geheimdienste handelten. Metadaten der publizierten E-Mails ließen demnach erkennen, dass die digitale Post durch russische Rechner gelaufen sei.

Im Juni hatte eine vom DNC beauftragte Computersicherheitsfirma von einer Gruppe namens "Cozy Bear" gesprochen, die sich bereits vor einem Jahr Zugang zu dem Server verschafft haben soll. Im April soll eine zweite Gruppe, "Fancy Bear", dazugekommen sein, angeblich eine Sparte des russischen Militärgeheimdiensts. (Frank Herrmann aus Philadelphia, 26.7.2016)