Ein Bewaffneter bewacht einen Panzer, mit dem Putschisten den Taksim-Platz in Istanbul kontrollieren wollten.

Foto: APA/AFP/Messinis

Die Rechercheplattform Bellingcat hat das Protokoll einer Whatsapp-Chatgruppe, in der sich hochrangige Militärs während des Putschversuchs vor rund zehn Tagen in der Türkei austauschten, einer ausführlichen Analyse unterworfen. Das Transkript basiert unter anderem auf einem Video, in dem unidentifizierte Personen nach dem Scheitern des Putsches das Smartphone eines Putschisten in die Kamera halten. Ein Reporter von Al-Jazeera Türk hat außerdem 21 Fotos der Whatsapp-Gruppe bereitgestellt.

Kommunikation mit "Ankara"

Das Protokoll liefert nur einen kleinen Einblick in die Aktivitäten der Putschisten, da sich hier nur Angehörige der Landstreitkräfte in Istanbul und Sakarya miteinander absprachen. Ein Gruppenmitglied erwähnt wiederholt seine Kommunikation mit "Ankara", wo das Hauptquartier der Putschisten eingerichtet war. Das Protokoll zeigt, dass Streitkräfte mit enger Nähe zur Nato am Putschversuch beteiligt waren.

"Darf ich fliehen?"

Ein großes Problem stellten offenbar Verkehrsstaus dar, über die sich die Putschisten regelmäßig beschweren. Außerdem haben die Verschwörer offenbar nicht damit gerechnet, dass private Fernsehsender Widerstand leisten. So konnte Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ja via Facetime mit einer Moderatorin kommunizieren. In den Morgenstunden realisierten die Teilnehmer des Chats offenbar, dass der Putschversuch gescheitert ist. Einer der Gruppenmitglieder fragt dann, ob er fliehen darf, was ihm freigestellt wird. Offenbar wurde aber mindestens ein Mitglied der Whatsapp-Gruppe identifiziert, da sonst die Protokolle nicht ans Licht gelangt wären.

Einblick

Bellingcat hat die Protokolle nun mit öffentlich verfügbaren Daten, etwa Tweets und Statements, verknüpft, um eine Timeline des Putschversuchs abzubilden. Zwar mag der Einblick quantitativ begrenzt sein, da nur eine geringe Anzahl an Putschisten in dieser Whatsapp-Gruppe war, inhaltlich bietet der Chat jedoch einen sehr interessanten Einblick in die Situation der Putschisten und zeigt, dass diese sich lange Zeit durchaus siegessicher wähnten. (red, 25.7.2016)