Aufnahmetest für das Medizinstudium in Graz. Gäbe es diese Zugangsbeschränkungen nicht, würde die Qualität des Studiums massiv sinken.

Foto: APA/MED UNI GRAZ

Die österreichische Bundesregierung hat in ihrem Regierungsübereinkommen 2013 den Studierenden in Österreich zwei wesentliche Dinge versprochen: ein österreichweites Studententicket und zwei Prozent des BIP für den tertiären Bildungsbereich. Bis heute wurde keines der beiden Versprechen eingehalten.

Was für die Bundesregierung ein lästiger Schrei nach finanziellen Mitteln für den tertiären Bildungsbereich und zur finanziellen Entlastung der Studierenden klingt, ist aber viel mehr – es wäre eine Investition in die Zukunft und eine wichtige Maßnahme einer erfolgreichen Standortpolitik. Warum das nicht geschieht, liegt an einer alten Streitfrage zwischen den Koalitionspartnern: der freie Hochschulzugang.

Zankapfel freier Hochschulzugang

Die SPÖ versteht darunter die Abschaffung von Zugangsbeschränkungen, auch wenn es sich um Beschränkungen in Form eines leistungsorientierten Aufnahmetests handelt. Das Paradoxe an dieser Forderung: Durch die Sturheit bei diesem Thema blockieren sich die Regierungsparteien gegenseitig – die Zwei-Prozent-Förderungsmarke rückt in weite Ferne. Da sich die SPÖ weiterhin gegen Zugangsbeschränkungen ausspricht, kam es bei der Novellierung des Universitätsgesetzes 2015 zu keiner Ausweitung der Zugangsbeschränkungen. Somit bleiben überlaufene Studienrichtungen, wie etwa die Rechtswissenschaften, ohne Zugangsbeschränkung. Das Ergebnis ist Unterfinanzierung in der Folge ein massiver Qualitätsverlust.

Da die Finanzierung nicht auf Studienplätzen basiert, haben überlaufene Studien am meisten zu kämpfen. Meist werden die finanziellen Mittel für den starken Andrang am Beginn des Studiums verwendet, welches im weiteren Studienverlauf schließlich fehlt. Für viele Studierende kommt es durch die Platzproblematik zu einer Verzögerung im Studium, die sogar zum Verlust von Beihilfen und zusätzlichen finanziellen Belastungen führt.

Kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung

Um unsere Hochschulen mit genügend finanziellen Mitteln auszustatten, braucht es deshalb als ersten Schritt eine kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung, die Studienplätze für einen Studiengang beschränkt und damit diese Plätze auch sicher finanzieren kann. Als Auswahlkriterium braucht es einen fairen leistungsorientierten Aufnahmetest. Denn Probleme in der Schulpolitik dürfen nicht zu einem Heruntersetzen der Standards an den Hochschulen führen.

Kritiker aus ÖH-Fraktionen, von SPÖ und Grünen führen an, ein solcher Aufnahmetest benachteilige die sozial Schwachen und jene, die keine gute Schulbildung genossen hätten. Auf die soziale Durchmischung ist natürlich in gewissem Maße zu achten. Verfehlungen in der Sozial- und Schulpolitik dürfen aber nicht dazu führen, dass wir die Standards auf unseren Hochschulen senken. Die Universität ist der Ort der höchsten Bildung. Die Wissenschaft darf daher nicht an die Leistungen des Durchschnitts angepasst werden. Das beginnt damit, schon bei den Aufnahmetests das Niveau auf ein beängstigend niedriges Level zu senken, um die gewünschte Aufteilung auf die verschiedensten Bevölkerungsschichten und Geschlechter zu bekommen. Im Übrigen ist die soziale Durchmischung an den österreichischen Fachhochschulen, die alle Zugangsbeschränkungen in Form eines Aufnahmetests haben, am besten.

Beispiel: Aufnahmetest Medizin

Besonders dringend war ein Aufnahmetest beim Medizinstudium. Durch die extrem hohen Kosten der Ärzteausbildung und des großen Andrangs musste das Studium so rasch wie möglich beschränkt werden. Dieses Jahr haben sich wieder 15.000 Personen für 1.600 Plätze beworben. Dass so viele junge Menschen, die Medizin studieren wollen, dadurch am Studium gehindert werden, ist natürlich bedauerlich. Da die finanziellen Mittel jedoch fehlen, ist es einfach nicht möglich, dass alle 15.000 Interessierten Medizin studieren können.

Gäbe es diese Zugangsbeschränkungen nicht, würde die Qualität des Studiums massiv sinken und der Studienalltag durch die Überlastung zu einem Albtraum werden. Gerade bei angehenden Ärzten wäre es angesichts der Verantwortung, die sie einmal tragen werden, fatal, leichtsinnig mit der Qualität ihrer Ausbildung umzugehen.

In Bildung investieren

Wie also können unsere Hochschulen noch gerettet werden? Die Bundesregierung muss endlich erkennen, dass sie in Bildung investieren muss, um Österreich zukunftsfit zu machen. Ein wichtiger Schritt und ein wichtiges Zeichen der Wertung von Bildung in diesem Land wäre die Umsetzung der Versprechen im Regierungsprogramm. In der aktuellen Bundesregierung sind auf beiden Seiten zum Glück Vertreter des Hochschulbereiches: Bundesministerin Sonja Hammerschmid als ehemalige Präsidentin der Universitätenkonferenz und Staatssekretär Harald Mahrer als ehemaliger ÖH-Vorsitzender der Wirtschaftsuniversität Wien und Bundesobmann der Aktionsgemeinschaft.

Im Übrigen spricht sich Hammerschmid für Zugangsbeschränkungen und eine kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung aus, obwohl sie als Bundesministerin von der SPÖ nominiert wurde. Auch der jetzige SPÖ-nahe Präsident der Universitätenkonferenz Oliver Vitouch ist für Zugangsbeschränkungen. Vielleicht hört die SPÖ ja eines Tages auf jene Personen in ihren Reihen, die sich mit der Materie befasst haben und sich auskennen. Dann würde einer Einigung mit der ÖVP und der Einhaltung ihrer Versprechen gegenüber den Hochschulen und den Studierenden nichts mehr im Wege stehen. (Andreas Jilly, 26.7.2016)