Salzburg/Wien – Die Salzburger Polizei hat gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt eine internationale Schlepperbande gefasst. 17 Menschen wurden seit dem 5. September in ganz Österreich, der Slowakei, Ungarn und Deutschland verhaftet. Die Schlepperbande steht in Verdacht, rund tausend Menschen illegal über europäische Grenzen gebracht zu haben, teilte die Polizei am Montag mit.
Fast alle geschleppten Menschen sollen über Ungarn und Österreich bis nach Deutschland und teilweise auch Frankreich befördert worden sein. Die verhafteten Männer stammen aus Polen und Tschetschenien, als Hintermann hätten sie auch einen Syrier gehabt.
Die erste Verhaftung erfolgte am 5. September in Salzburg-Liefering. Auf dem Parkplatz eines Supermarkts konnte ein polnischer Schlepper festgenommen werden, der 17 Personen illegal über die Grenze bringen wollte. Einem weiteren Schlepperfahrzeug gelang die Flucht. Die Beamten des Landeskriminalamts übernahmen die Ermittlungen und stellten rasch fest, dass es keine Einzeltat war, sondern eine größere Organisation dahinterstand.
Radarfotos brachten Polizei auf Spur der Polen
Durch Fotos der Radarstationen in der Umgebung des vermuteten Fluchtwegs stellten die Polizisten fest, dass es sich um eine Konvoischleppung von vier Fahrzeugen handelte. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass auch die anderen Fahrer Polen waren, weshalb die Polizei mit den polnischen Behörden zusammenarbeitete.
Am 11. Mai konnten schließlich die flüchtigen polnischen Schlepper und ein weiterer mittels eines europäischen Haftbefehls festgenommen werden. Ein 39-jähriger Pole soll laut Polizei Fahrer der Flüchtlingstransporte auf der Strecke Budapest–Wien angeworben haben. 700 Euro sollten die Fahrer verdienen, wobei 200 Euro als Benzingeld vorab bezahlt wurden. Von den Flüchtlingen nahmen die Schlepper von Ungarn nach Wien 300 Euro pro Person, von Ungarn nach Deutschland bis zu 800 Euro. Für eine Fahrt von Wien nach Frankreich wurden pro Auto 2.400 Euro veranschlagt.
Ein 39-jähriger Tschetschene soll über den polnischen Mittelsmann weitere Fahrer angeworben haben und auch selbst gefahren sein. Dieser Mann soll eine zentrale Person in der Organisation gewesen sein, ebenso wie ein 44-jähriger Syrer, der von einem Budapester Hotel aus als Entscheidungsträger gedient haben soll.
Schleppungen als "Fleischlieferungen" bezeichnet
Die Bande soll auch eigene Codenamen für verschiedene Leistungen gehabt haben: Sie nannte die Schleppungen "Fleischlieferungen", offensichtlich als Synonym für den Transport von Menschen. Erwachsene hießen "Paletten", als "kleinere Platten" wurden Kinder bezeichnet.
Am 7. Juli wurde ein weiterer Konvoi aus fünf Fahrzeugen aufgehalten. Die Fahrzeuge wurden zuvor schon observiert und konnten einzeln aus dem Verkehr gezogen werden. Zwei Fahrzeuge wurden nach dem Grenzübertritt bei Kittsee (Burgenland) in Niederösterreich angehalten, zwei weitere in Salzburg und eines in Bayern. 20 Migranten hielten sich in den Autos auf. Drei Tschetschenen (42, 28 und 27 Jahre alt) und zwei Deutsche (36 und 34 Jahre alt) fungierten als Schlepper. Vier von ihnen sitzen in Puch-Urstein in U-Haft, ein weiterer in Bayern.
Weitere Festnahmen möglich
Am 21. Juli erfolgte ein großangelegter Zugriff mit mehr als hundert Polizisten, bei dem sieben weitere Mitglieder der Organisation festgenommen wurden. In Wien und Niederösterreich nahm das Einsatzkommando Cobra die Personen fest. Bei zwölf Hausdurchsuchungen wurden unzählige Handys, Bargeld und auch Schusswaffen sichergestellt. Weitere Festnahmen sind laut Polizei nicht ausgeschlossen. (Stefanie Ruep, 25.07.2016)