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Insgesamt rund 85.000 Sicherheitskräfte – hier eine Einheit bei einem Sicherheitstraining – sollen die Olympischen Sommerspiele in der brasilianischen Stadt Rio de Janeiro schützen.

Foto: AP/Felipe Dana

Rio de Janeiro / São Paulo – Das Bild ist gewöhnungsbedürftig: Auf der berühmten Uferpromenade am Strand von Copacabana patrouillieren schwerbewaffnete Soldaten zwischen Badegästen in Flipflops und kurzen Hosen. Auch an den Zufahrtsstraßen vom internationalen Flughafen in das Stadtzentrum, auf Brücken und in Metrostationen haben sich Soldaten positioniert: Rio de Janeiro zeigt zwei Wochen vor den Olympischen Spielen Flagge. Vor einem halben Jahr verwiesen Sicherheitsverantwortliche noch auf die rivalisierenden Drogenkartelle als größte Bedrohung während des Sportereignisses. Jetzt hat sich das Blatt gewendet.

Nicht nur nach dem Anschlag von Nizza wird die Gefahr eines Terroranschlags auch in Brasilien immer konkreter. "Brasilien muss endlich aufwachen", hatte der Sicherheitsexperte Robert Muggah vom Institut Igaparé in Rio de Janeiro schon vor Wochen gefordert. Das Argument der Sicherheitskräfte, Brasilien sei noch nie Ziel von Terroranschlägen gewesen, sei geradezu naiv, kritisierte er.

Doch erst jetzt wird die reelle Terrorbedrohung Teil der Sicherheitsstrategie. Die Behörden sind alarmiert. Am Donnerstag schlug die brasilianische Polizei zu und nahm zehn Terrorverdächtige fest, alle sind Brasilianer. "Es handelt sich um eine Gruppe von Personen, die Terroristen verherrlichen", sagte der zuständige Richter Marcos Josegrei da Silva im südbrasilianischen Curitiba. Es gebe aber bisher keine Hinweise auf konkrete Daten oder Ziele.

Über soziale Netzwerke hatten sie dem Terrornetzwerk "Islamischer Staat" (IS) die Treue geschworen und über mögliche Anschläge während der Spiele diskutiert. Direkten Kontakt mit dem IS hatten die jungen Männer laut Justizminister Alexandre de Moraes jedoch nicht. Klar ist aber spätestens jetzt, dass Brasilien längst im Visier des internationalen Terrorismus steht.

100 Verdächtige überwacht

Über den verschlüsselten Kurznachrichtendienst Telegram kommunizierte eine Gruppe seit Wochen unter dem Namen "Nashir" auf Portugiesisch, wie der brasilianische Geheimdienst Abin mitteilte. So sei versucht worden, Sympathisanten für den IS zu gewinnen. Seit Mai ist diese Gruppe im Visier der Ermittler. Insgesamt wurden 100 Verdächtige überwacht, die im Internet auf Seiten von Terrorsympathisanten zugegriffen hätten, hieß es.

Während der Olympischen Spiele wird Rio einer Festung gleichen. In der Stadt, vor allem rund um die Wettkampfstätten im Süden, halten sich 47.000 Polizisten und 38.000 Soldaten auf. Damit ist Rio zwar bestens bewacht, doch Experten sind skeptisch, ob die sechs Millionen Einwohner zählende Metropole auch sicher ist.

Die brasilianische Polizei ist zwar für ihr brutales Vorgehen bekannt, aber nicht in Terrorabwehr trainiert. Ein Manko, das der Ex-Elitepolizist Paulo Storani schon seit langem beklagt. "Die größte Gefahr bei den Spielen sind Terroranschläge", sagt er. Brasilien sei "absolut verwundbar". Viel zu spät erst hätten die Sicherheitsbehörden begonnen, sich diesem Risiko zu stellen.

Gefälschte Papiere

Immer wieder gab es in den vergangenen Wochen Meldungen von Personen, hauptsächlich aus dem Nahen Osten, die mit gefälschten Papieren nach Brasilien einreisen wollten. Auch ein ehemaliger syrischer Guantánamo-Häftling, der von Uruguay aufgenommen wurde, könnte sich Medienberichten zufolge in Brasilien aufhalten. Wie er dahin gekommen ist, weiß keiner. Wenig beruhigend klingen da die Äußerungen von Justizminister de Moraes, der Brasilien zu einem "möglichen", aber "nicht wahrscheinlichen Anschlagsziel" erklärt. (Susann Kreutzmann, 22.7.2016)