Donald Trump ist der Kandidat der Republikaner für das Amt des US-Präsidenten. Am Donnerstagabend nahm er auf dem Parteitag in Cleveland die Nominierung seiner Partei an. Die Rede, die er anschließend hielt, wurde auch in den US-Medien analysiert – mit unterschiedlichen Schwerpunkten und unterschiedlichen Ergebnissen. Es folgt eine kleine Auswahl.

Chaos heraufbeschworen

Die "New York Times" urteilt, Trump habe die Chance verpasst, sich als Staatsmann zu präsentieren. Er hat Chaos heraufbeschworen und Blitzlösungen versprochen, schreibt Michael Barbaro. Diejenigen, die sich Demut, Großzügigkeit und Tiefgang erwartet hätten, seien enttäuscht worden. Trump skizzierte zuerst die seiner Meinung nach größten Problemfelder der USA, um sich selbst anschließend als Lösung zu präsentieren. Die "New York Times" zitiert einige Redenschreiber, die es als verpasste Chance sehen, dass Trump keinen Einblick in seine persönliche Biografie gewährte und so den potenziellen Wählerinnen und Wählern nicht vermitteln konnte, wer er ist und was ihn antreibt. Er bleibe damit eine oberflächliche Karikatur.

Die Rede von Donald Trump auf dem Parteitag in voller Länge.
ABC15 Arizona

Den Wählern Angst machen

Ezra Klein von vox.com rückt in seiner Analyse die Angstmache Trumps ins Zentrum. Die aktuelle Situation der USA sei besser als 2008, als Barack Obama ins Weiße Haus gewählt wurde. Die Arbeitslosigkeit sei niedriger, das Bundesdefizit sei kleiner geworden, und der Abzug von Truppen aus Afghanistan und dem Irak bedeute, dass weniger US-Soldaten im Ausland ums Leben kommen. Die einzige Chance, die Trump hat, um sich als Retter zu präsentieren, ist, seine Wähler davon zu überzeugen, dass es schlecht steht um Amerika. Er müsse ihnen Angst machen. "He needs to make America afraid again", schreibt Klein und zitiert einen Tweet von Jon Favreau, dem ehemaligen Redenschreiber Obamas, der Trumps Ansprache eine "Albtraumrede" nennt.

Negativszenario und Ivanka als Überraschung

Politico.com konzentriert sich auf fünf Lehren, die aus Trumps Auftritt gezogen werden können. Punkt eins, Trump sei nicht in der Lage, ein positive Zukunftsvision zu entwerfen. Punkt zwei: Die rhetorischen Fähigkeiten seiner Tochter Ivanka hätten überrascht. Sie sei in der Lage gewesen, eine überzeugende Rede für ihren Vater zu halten. Punkt drei: Das Herzstück von Trumps Politik sei eine Kopie von Rudy Guliani, der in den 1990ern als New Yorker Bürgermeister einen strikten Law-and-order-Kurs umsetzte. Im Unterschied zu New York in den 1990ern ist jedoch das Bild, das Trump von den USA zeichnet, kaum faktenbasiert. Punkt vier: Trump ist am erfolgreichsten, wenn er bei seinen populistischen Angriffen bleibt. Punkt fünf: Trump wird professioneller. Seine Rede sei zwar zu lang, zu negativ und zu eng gefasst gewesen, aber sie war überzeugend vorgebracht – fast könne sie als präsidentiell durchgehen.

Trump auf dem Parteitag der Republikaner in Cleveland.

Erinnerung an Nixon

Die "Washington Post" fühlt sich durch Trumps Rede an Richard Nixon erinnert. Nixon habe in seinem Wahlkampf 1968 die "schweigende Mehrheit" angesprochen, Trump sprach am Donnerstag von den "vergessenen Männern und Frauen", die derzeit keine Stimme im politischen System hätten. Das Zielpublikum Nixons und auch Trumps seien weiße Arbeiter, die von wirtschaftlichen Veränderungen nicht profitiert hätten und über kulturelle Veränderungen in den USA besorgt seien. (mka, 22.7.2016)