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Margaret Thatcher, ehemalige britische Premierministerin.

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Prince William mit seinen Eltern nach seiner Geburt im Jahr 1982. Zu Ostern 1983 besuchte die royale Jungfamilie Australien.

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London – Der britische Außenminister Francis Pym warnte Premierministerin Margaret Thatcher im Jahr 1983 davor, dass die Anti-Atom-Bewegung so machtvoll werden könnte, dass sie die geplante Stationierung von US-Atomraketen in Großbritannien stoppen könnte. Dies geht aus nun veröffentlichen Akten des Nationalarchivs hervor, wie der "Guardian" berichtet.

Thatchers Pressereferent Bernard Ingham empfahl seiner Chefin demnach, Babyfotos von Prince William veröffentlichen zu lassen, um die Campaign for Nuclear Disarmament (Kampagne für nukleare Abrüstung; CND) zum nachrichtenarmen Osterwochenende aus den Schlagzeilen zu verdrängen.

Politisch heikle Raketenstationierung

Die veröffentlichten Dokumente zeigen die großen Bedenken der Londoner Regierung gegenüber möglichen Folgen der Stationierung US-amerikanischer Nuklearraketen in Großbritannien – immerhin war 1983 ein Wahljahr. Thatchers Berater Anthony Parsons berichtete ihr über ein breites Spektrum persönlicher Freunde, allesamt aktive oder potenzielle Unterstützer der konservativen Regierung, die sich Sorgen um die Atomdebatte machten. Nach Parsons' Aussagen war ein Grund für die Besorgnis, dass mit Ronald Reagan ein Präsident im Weißen Haus regierte, der von geringerem Intellekt war als alle seine Vorgänger seit dem Zweiten Weltkrieg.

Mit den Bildern des jungen Prinzen mit seinen Eltern Charles und Diana sollte die Berichterstattung über die für Karfreitag erwarteten Proteste überlagert werden, da Ingham auf der Suche nach brauchbaren Themen zum Schluss gekommen war, dass nachrichtlich relevantere Alternativen wie ein "Attentat auf den Papst oder ein Erdölaustritt in der Nordsee in der Hand Gottes" lägen.

Propagandaprinz

Weitere Vorschläge für den Propaganda-Einsatz umfassten einen Besuch des Verteidigungsministers Michael Heseltine bei der Berliner Mauer und diverse Feiertags-Freizeitaktivitäten wie Fußballspiele, Fischen oder gar Schildkrötenrennen.

Schließlich fiel Inghams Entscheidung für seine offizielle Empfehlung für die Propagandaschlacht auf Fotos des ersten Australien-Besuchs der jungen Nummer zwei der Thronfolge. Bei der Landung der Royals in Alice Springs wurde William vor die Kameras gehalten.

Letztlich beteiligten sich 70.000 Demonstranten an Menschenketten gegen die Raketenstationierung, die Medien scheinen jedoch keinen großen Gebrauch von den royalen Babyfotos gemacht zu haben.

Eine weitere Sorge der Londoner Regierung galt dem Umstand, dass die Atomwaffen bei der Lieferung zum RAF-Stützpunkt Greenham Common im November desselben Jahres von US-Soldaten geschützt wurden. Ein Waffeneinsatz gegen britische Aktivisten durch das US-Militär bei möglichen Zusammenstößen hätte einen Rückschlag für die Regierungspläne bedeutet. Heseltine warnte vor schweren Folgen, sollte ein Demonstrant von einem US-amerikanischen Soldaten erschossen werden. Deshalb beorderte die Regierung auch britische Truppen zum Einsatz, um gegebenenfalls gegen Demonstranten vorgehen zu können. (Michael Vosatka, 21.7.2016)