Wien – Am Dienstagabend verteidigte Hakan Gördü noch die Wiener Kundgebungen nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei ("Wir sind für die Demokratiebewegung auf die Straße gegangen, nicht für Erdoğan"), am Mittwoch trat er zurück: Via Facebook verkündete Gördü, legte er sein Amt als Vizechef des austro-türkischen Vereins UETD (Union Europäisch-Türkischer Demokraten), der Erdoğan und dessen Partei AKP nahe steht, zu fungieren.

Seinen Rücktritt begründet er im Posting damit, dass es "keine Toleranz für Tolerante" gebe. Statt Brücken zu bauen, regiere Diffamierung, statt gegenseitiges Verständnis aufzubauen, werde jeder sofort in eine Schublade gesteckt. All das gelte für beide Lager, für das "bioösterreichische" ebenso wie für das muslimisch-österreichische: Die eine Seite denke, es sei angebracht, bei Demonstrationen "Allahu akbar" zu brüllen, die andere male gleich die Ausbreitung des "Islamischen Staates" an die Wand. Jede Art des Fanatismus, ob für oder gegen Erdoğan, sei zu bekämpfen, schreibt Gördü.

"Zum Stimmenfang missbraucht"

Der "österreichischen Politik" wirft er Ignoranz gegenüber Muslimen vor. Trotz tausender Vorzugsstimmen hätten diverse muslimische Kandidatinnen und Kandidaten keinen Sitz im Wiener Gemeinderat bekommen. Zehn Prozent der Bevölkerung würden zu null Prozent vertreten, schreibt Gördü: "Politiker mit türkischen Wurzeln wurden lediglich zum Stimmenfang missbraucht."

Gördü demonstrierte bisweilen allerdings selbst ein eigentümliches Verständnis von Toleranz. In der Nacht von vergangenem Freitag auf Samstag, als die Nachrichten vom Putschversuch in der Türkei die Runde machten, schrieb er auf Twitter: "An alle die die Gelegenheit nutzen, wieder die AKP, die Türkei oder den ISLAM anzugreifen. GEHT ALLE MITEINANDER SCHEISSEN!"

Gördü wird auf der Webseite der UETD als einer von sieben Stellvertretern des Vorsitzenden Cem Aslan geführt. Aslan bestätigte den Rücktritt auf APA-Anfrage und meinte, dieser wäre schon länger geplant gewesen. Die UETD hatte am Wochenende zur Teilnahme an einer Pro-Erdogan-Demonstration aufgerufen und einen Aufruf verbreitet, türkischen Behörden verdächtige Äußerungen in sozialen Medien zu melden. Letzteres verteidigte Aslan mit dem Hinweis, es habe auf Social-Media Pro-Putsch-Postings gegeben, diese habe man gemeldet. (red, APA, 20.7.2016)