Die EU will Milchmengen mit einem neuen Geldregen drosseln.

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Wien – Geld für frische Milch, die nicht produziert wird: Die neue finanzielle Hilfe aus Brüssel für die unter niedrigen Preisen leidenden Bauern findet unter Experten nur sehr bedingt Anklang. "Es ist eine Feuerwehraktion, eine punktuelle Lösung", sagt Agrarökonom Leopold Kirner von der Wiener Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik im STANDARD-Gespräch.

Dass viele Betriebe, die ihre Ställe zuletzt stark ausbauten und sich voll auf Milch spezialisierten, ums Überleben kämpften, sei klar – da die Durststrecke bei den Preisen länger als erwartet sei. Nachvollziehbar sei auch, dass die Politik ihnen mit weiteren Förderungen nun entgegenkomme. Doch in einem halben, spätestens in einem Jahr seien diese obsolet, ist Kirner überzeugt. "Der Bodensatz ist erreicht, die Milchpreise in Europa werden wieder anziehen."

500 Millionen Euro hält die EU für Landwirte parat. 150 erhalten jene, die die Produktion drosseln, direkt. Den Rest können die EU-Staaten zur Marktberuhigung eigenhändig verteilen. Bis zu 30 Cent könnten so einem Betrieb in Österreich für jeden Liter zufließen, den er im Vergleich zum Vorjahr nicht anliefert. Wie das in der Praxis ablaufen soll, ist offen.

Kleine Betriebe als Verlierer

"Werden dabei Bauern, die sich ohnehin schon selbst beschränkten, leer ausgehen? Wird, wer intensiviert hat und dafür gefördert wurde, nun für den Lieferverzicht wieder gefördert? Sind Biobauern ausgenommen, weil sie einen guten Preis bekommen?", fragt Alois Burgstaller. Der landwirtschaftliche Berater hält Prämien für die teuerste Form, um den daniederliegenden Preis zu sanieren. Kleine Betriebe würden so erneut zu großen Verlierern. "Die beste Maßnahme gegen schlechte Preise sind schlechte Preise."

Auch wenn Ewald Grünzweil, Obmann der IG Milch, die 1.600 Landwirte in sich vereint, dem so nicht zustimmt, da dies im Klartext das Ende vieler Höfe bedeute, wie er betont – die jüngsten Aktionen der EU-Agrarpolitik bezeichnet auch er als "absurd". Es werde schwierig sein, Steuerzahlern zu erklären, warum man ihr Geld für etwas bekomme, das man nicht produziere, sagt er. "Die Hauptverantwortlichen der Krise werden hier belohnt. Aber das sind offenbar die Betriebe, die die Politik haben will." Zusätzlich diene die Geldspritze Banken wie Raiffeisen, bei denen sich die Bauern für ihre Expansion verschuldeten.

500 Millionen nicht viel

Johann Költringer, Chef der Vereinigung der Milchverarbeiter, hält Landwirten, die ihre Produktion ausweiteten, die Stange. "Was ist falsch daran, wenn man in guten Jahren expandierte? Es ist ein offener Markt, Chancen gehören genutzt." Heruntergebrochen auf die einzelnen Betriebe, seien die 500 Millionen jedenfalls nicht viel.

Ein Wermutstropfen sei, dass die Hilfe erst im vierten Quartal, in dem der Verbrauch hoch und die Anlieferung gering sei, greife. Sie richte sich an große wie kleine Betriebe. Das genaue Procedere werde im Herbst feststehen. (vk, 19.7.2016)