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Ossy Kolmann wurde in Wien immer wieder hochdekoriert.

Foto: Reuters/HERWIG PRAMMER

Wien – Sein Handwerk gelernt hatte Ossy Kolmann beim großen Karl Farkas. Im Simpl-Kabarett, in dem er ab 1958 mitwirkte, begann er als Stichwortgeber. An Kolmanns Miene prallten die ungeheuerlichsten Sätze ab. Er kultivierte jene Rolle, die er ein halbes Jahrhundert lang perfektionieren sollte: die des siebensüßen Wiener Kauzes, der seinen Eigensinn hinter Liebeswürdigkeit verbirgt. Kolmann gehörte zu einer Riege von Komikern, die mit Ernst Waldbrunn begann, zu Maxi Böhm und Fritz Muliar hinüberreichte und die goldenen Jahrzehnte der Fernseh- und Radiounterhaltung prägte. Wer flüchtig hinschaute, hätte Kolmann für einen unbedarften Clown halten können.

Ossy Kolmann, Maxi Böhm und Günter Tolar in dem Sketch "Ich bin nicht identisch!".
Maxi Böhm

Dabei war er bloß ein begnadeter Handwerker, der die Kunst des Timings aus dem Effeff beherrschte. Als eine Art Glücksgott besuchte er die heimischen Wohnzimmer: "Wie heißt's im Lotto? Alles ist möglich!" Er taugte zum "Publikumsliebling", weil er noch als Seniorenclub-Kellner seinen Job als öffentlichen Auftrag empfand: den Menschen das Bewusstsein vom Leib zu halten, sie könnten ein widriges Leben führen. Jede Ungeschicklichkeit, die Kolmann vorführte, diente der Entlastung. Seine Stimme war nahe am Raunzen, seine Eigenheiten erschienen wie in einem Zerrspiegel.

Ossy Kolmann berührte und entzückte lange Jahre an der Wiener Volksoper, hernach am Wiener Josefstadt-Theater. Privat war dieser Virtuose der Leichtigkeit ein bescheidener, liebenswürdiger Sir. Jetzt ist der volkstümliche Café-Lotto-Ober 88-jährig in seiner Heimatstadt Wien gestorben. (Ronald Pohl, 19.7.2016)