Das "Bahnorama" (hier auf einem Archivbild) diente einst als Aussichtsplattform, nun muss es weg.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Der einst höchste begehbare Holzturm Europas steht vor dem Aus: Das "Bahnorama" beim Wiener Hauptbahnhof, das als spektakuläre Aussichtsplattform auf eine der größten Baustellen des Landes diente, wird noch im August abgerissen – und zwar zwangsweise. Denn obwohl die Baubewilligung bereits Ende 2014 ausgelaufen ist, hat der Eigentümer die Abtragung des Bauwerks noch immer nicht veranlasst.

66,72 Meter ragt das inzwischen einzige, wenngleich auch monumentale Überbleibsel des milliardenschweren baulichen Kraftakts – Schleifung des Südbahnhofs und darauffolgende Errichtung des Hauptbahnhofs – in den Favoritner Himmel. Jahrelang konnten hier Interessierte mit zwei verglasten Liften auf die 40 Meter hohe Plattform emporschweben, um aus der Vogelperspektive einen Blick auf die angrenzende Riesenbaustelle zu werfen.

300.000 Besucher

Viereinhalb Jahre nach der Eröffnung schloss das "Bahnorama" Ende 2014 endgültig. Zu diesem Zeitpunkt hatten 300.000 Besucher den Infoturm besucht, nebenan fuhren bereits Züge durch die so gut wie fertige Verkehrsdrehscheibe. Außerdem hatten die ÖBB den hölzernen Monolith samt seinem Café und Veranstaltungsraum am Fuße bereits veräußert. Ein deutscher Investor sicherte sich über seine in Prag ansässige Tochterfirma Vienna Tower Transfer das Gebäude mit dem Ziel, es abzutragen und woanders wieder aufzubauen.

Obwohl das Unternehmen den Turm bis heute auf seiner Website bewirbt, ist seither nichts passiert. Da alle Fristen verstrichen sind, rückt nun die Magistratsabteilung 25 (Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser) aus, um den Abbruch abzuwickeln, wie die APA dort auf Anfrage erfuhr. Der Eigentümer sei bereits nach Auslaufen der Baubewilligung aufgefordert worden, den Turm abzubauen. Nach Warnungen der Behörde und der Zusicherung des Besitzers, nun wirklich handeln zu wollen, gewährte die Stadt einen letzten Aufschub.

Firma beauftragt

Nun sind laut MA 25 aber alle Fristen verstrichen. Deshalb hat man inzwischen mittels Ausschreibung eine Firma – den Billigstbieter – beauftragt, den Zwangsabriss vorzunehmen. Und zwar auf Kosten des Besitzers. "Die Kosten der Stadt werden beim Eigentümer eingetrieben", hieß es.

Was mit dem abgetragenen Giganten – er wiegt 150 Tonnen – passiert und ob er der Vienna Tower Transfer überstellt wird, ist laut Rathaus noch offen. Sehr behutsam dürfte man beim Abbau nicht vorgehen. Die Abtragung soll nämlich "möglichst effizient" vonstatten gehen. Das "Bahnorama"-Areal hat die Stadt für den Wohnbau reserviert.

ÖVP und FPÖ schimpfen im Hinblick auf den anstehenden Zwangsabriss des Wiener "bahnorama" über Steuergeldverschwendung. Sie fürchten nämlich, dass die Stadt auf den Demontagekosten, die sie eigentlich vom jetzigen Eigentümer eintreiben will, letztendlich sitzen bleibt, wie die Oppositionsparteien per Aussendung wissen ließen. (APA, 15.7.2016)