Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/Sebastian Rodriguez/Courtesy of Chilean Presidency/Handout

Santiago de Chile – Ein verurteilter Mittäter der früheren Sektensiedlung Colonia Dignidad hat am Empfang der Deutschen Botschaft für Bundespräsident Joachim Gauck in Chile teilgenommen. Mehrere Teilnehmer, darunter der TV-Regisseur Florian Gallenberger, bestätigten der Deutschen Presse-Agentur, dass der in einem Prozess wegen Kindesmissbrauchs zu drei Jahren Haft verurteilte Reinhard Zeitner bei dem Empfang während des Staatsbesuchs Gaucks anwesend war.

Die Strafe für Zeitner war zur Bewährung ausgesetzt worden – die Bewährungszeit wurde auf vier Jahre festgelegt, wie der Oberste Gerichtshof 2013 bestätigte. In dem Prozess wurde auch der ehemalige Arzt der Colonia Dignidad, Hartmut Hopp, zu fünf Jahren verurteilt. Er entzog sich einer Haftstrafe zunächst durch Flucht nach Deutschland, soll diese aber nun in einem deutschen Gefängnis verbüßen.

Opfer empört

Opfer der Colonia Dignidad reagierten mit scharfer Kritik auf Zeitners Anwesenheit. "Dafür fehlen mir die Worte", sagte der Anwalt Winfried Hempel der Deutschen Presse-Agentur. Hempel hatte früher selbst in der hermetisch abgeriegelten Siedlung rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago de Chile gelebt.

Die "Colonia Dignidad" war unter ihrem Gründer Paul Schäfer ein befestigtes Lager mit sektenähnlichen Strukturen, sie wurde 1991 in "Villa Baviera" (Bayerisches Dorf) umbenannt. Schäfer war 1961 mit Anhängern seiner Sekte "Private Sociale Mission" aus Siegburg bei Bonn nach Südamerika ausgewandert. Während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973 bis 1990) wurde die Kolonie ein Folterzentrum der Geheimpolizei. Schäfer starb 2010 in Chile in einem Gefängnis. (APA, dpa, 14.7.2016)