Infineon in Villach: 15 Prozent der Forschungsprämie gehen an Großunternehmen wie dieses. Die längst fällige Evaluierung ihrer Wirkung stößt aufgrund der Ausschreibung auf heftige Kritik.

Foto: Infineon

Wien – An der österreichischen Forschungsprämie scheiden sich seit Jahren die Geister. Vertreter der Industriellenvereinigung (IV) zeigen sich begeistert von der steuerlichen Erleichterung für Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung (F&E) investieren. Sie sehen einen Vorteil für den Standort Österreich gegenüber anderen Ländern, die dieses Steuerungsinstrument nicht anwenden. Kritiker aber verlangen seit Jahren eine detailreiche Wirkungsanalyse und weisen darauf hin, dass die Prämie schon mehrfach ohne Evaluierung erhöht wurde: zuletzt im Rahmen der Steuerreform 2015/2016 von zehn auf zwölf Prozent. Die Summen, um die es hier geht, sind nicht gerade klein: 2014 lagen die Ausschüttungen bei 495 Millionen Euro. Die Erhöhung dürfte noch einmal 80 bis 100 Millionen Euro gekostet haben.

Nun wird die Forschungsprämie zwar evaluiert, aber unter Voraussetzungen, die auf heftige Kritik stoßen. Vertreter bekannter Wirtschaftsforschungsinstitute wollen sich nicht an der bis heute, Freitag, laufenden Ausschreibung beteiligen, weil sie die damit verbundenen Fristen und die Datenlage für inakzeptabel halten.

Laut Wolfgang Polt, dem Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Innovationsforschung am Joanneum Research, müsste die Untersuchung, die die Wirkung der Forschungsprämie zwischen 2011 und 2014 im Fokus hat, schon im August starten und innerhalb von nur vier Monaten durchgeführt werden. Das sei zu kurzfristig.

Schlechte Datenlage

Für die Studie würden außerdem nur anonymisierte Daten des Finanzministeriums zur Verfügung stehen, die man mit anderen Informationen über Forschungsaktivitäten nicht vergleichen könnte.

Entscheidend sei die Frage, ob die Forschungsprämie für ein nicht näher definiertes Unternehmen X auch in mehr F&E-Aktivitäten umgesetzt wurde, sagt Polt. Mit den zur Verfügung stehenden Daten sei das freilich nicht analysierbar. Auch die Wechselwirkung mit der direkten Forschungsförderung könne man so nicht erkennen. "Eine unprofessionelle Ausschreibung, bei der man nur schludern kann", meint ein Beobachter. Das bedeute: Binnen der besagten vier Monate eine recht oberflächliche Unternehmensbefragung durchzuführen – und zu fragen, ob die Prämienbezieher mit dieser steuerlichen Unterstützung zufrieden seien. "Da wird dann wohl keiner Nein sagen."

Seit Beginn des Jahres 2013 benötigen Unternehmen ein Gutachten der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), wenn sie die Forschungsprämie in Anspruch nehmen wollen. Die Agentur prüft freilich nur, ob der Antrag gerechtfertigt ist, jedoch nicht, was bei dem besagten F&E-Projekt herausgekommen ist. 2015 wurden 2578 Anträge bearbeitet. 15 Prozent kamen von Großunternehmen, 85 Prozent von KMUs.

Joanneum Research wird sich laut Polt daher nicht an der Ausschreibung beteiligen. Auch Wissenschafter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und des Austrian Institute of Technology (AIT) haben sich dem Vernehmen nach sehr kritisch geäußert. (Peter Illetschko, 15.7.2016)