Paläontologe Sebastián Apesteguía vor dem rekonstruierten Skelett seiner wichtigsten Entdeckung.

Foto: APA/AFP/EITAN ABRAMOVICH

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Illustration: Reuters, Jorge Gonzalez, Pablo Lara

Ende gut, alles gut. Sie hatten sich bei der Fahrt durch die patagonische Wildnis mit dem Auto überschlagen, diverse Sträuße mit den Behörden ausgefochten, die ihre Forschungsarbeiten lähmten, und auch sonst immer wieder Rückschläge einstecken müssen. Irgendwann waren sich die Paläontologen um Sebastián Apesteguía von der argentinischen Universidad Nacional de La Plata und Akiko Shinya vom Chicagoer Field Museum sicher, es habe sie der "Fluch von Gualicho" getroffen: Gualicho, ein böser Geist aus der Mythologie des in Patagonien lebenden Volks der Tehuelche.

Doch als die Forscher dann vor dem Fund ihres Lebens standen, hatten sie damit wenigstens einen Namen parat. Gualicho shinyae heißt der nun der Öffentlichkeit präsentierte Dinosaurier, der in der späten Kreidezeit vor rund 90 Millionen Jahren auf heute argentinischem Boden lebte. Als Theropode gehörte er zu jener Gruppe von zumeist fleischfressenden und auf zwei Beinen laufenden Dinos, die in Form der Vögel bis heute überlebt hat. Welchen Platz er innerhalb dieser weitläufigen Verwandtschaft einnahm, die so bekannte Vertreter wie Tyrannosaurus rex oder Velociraptor umfasst, ist jedoch unklar. Das Field Museum spricht von einem "Mosaik-Dinosaurier", weil seine Körpermerkmale zu keiner der bekannten Untergruppen so recht passen wollen.

Das hervorstechendste dieser Merkmale sind die unverhältnismäßig kurzen Vorderbeine. Gualicho dürfte sechs bis acht Meter lang gewesen sein. Zieht man davon den langen Schwanz ab, hat man es mit einem Tier in den Dimensionen eines Eisbärs zu tun. Dieser spezielle "Eisbär" allerdings hatte Ärmchen wie die eines menschlichen Kindes. Zudem saßen an jeder Hand nur zwei kräftig ausgebildete Finger.

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Patagonien in der späten Kreidezeit: Zwei Exemplare von Gualicho shinyae hetzen einen kleinen Pflanzenfresser.
illustration: reuters, jorge gonzalez und pablo lara

Solche Stummelärmchen kennt man von verschiedenen Theropoden, vor allem dem mächtigen T. rex, mit dem Gualicho allerdings nicht näher verwandt war. Wozu derart kurze und in ihrem Bewegungsradius eingeschränkte Extremitäten nützlich sein konnten, darüber sind sich Paläontologen uneins: möglicherweise nur noch als Halterung für die Beute, um bequemer fressen zu können.

In Buenos Aires präsentierten Apesteguía und seine Kollegen als Resultat ihrer Mühen stolz eine lebensgroße Rekonstruktion des Gualicho-Skeletts, begleitet von einer umfangreichen Fotodokumentation. Ein Bild ihres zu Schrott gefahrenen Autos durfte da nicht fehlen. (Jürgen Doppler, 15.7.2016)

Foto: Pete Makovicky, The Field Museum