Hätte Adolf Hitler das Licht einer Welt, die er einmal in den Abgrund stürzen sollte, nicht als Hausgeburt, sondern in einem Spital erblickt – die nach ihm auferstandene Republik Österreich hätte nicht sieben Jahrzehnte an dem antifaschistischen Geistesblitz arbeiten müssen: Irgendwas muss mit der Immobilie g'schehn! Jetzt ist etwas geschehen, der Ministerrat hat die Enteignung des Hauses beschlossen, das schon seit 1972, also seit mehr als vierzig Jahren, vom Innenministerium gemietet war. Der nunmehrige Beschluss der Regierung ist das Eingeständnis, dass 43 Jahre lang Miete gezahlt wurde, ohne dass der Sinn dieses Mietverhältnisses befriedigend erfüllt werden konnte, dort keine Pilgerstätte für Neonazis entstehen zu lassen.

Was nun aber daraus werden soll, ist weiterhin offen, wie das dem Enteignungsbeschluss teils vorangegangene, teils begleitende Ideenfeuerwerk zeigt. Als bisherige Mieter glänzten die Innenminister mit Ideen, die trotz gewisser Originalität den Mietzweck offensichtlich verfehlten. Eine von Sobotkas Vorgängerin und Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner 2015 eingesetzte Kommission hielt eine "Entmystifizierung" des Gemäuers für nötig, wenn schon die Entmystifizierung des darin Geborenen misslungen schien. Dabei dürfte der hobbygynäkologische Impetus den antifaschistischen überwogen haben, hieß es doch, Geburtshäuser von Diktatoren seien immer emotional aufgeladen, was am "irrationalen Mythos des Geburtsvorganges" liege.

Ob neonazistische Pilger nicht eher von anderen irrationalen Mythen, etwa der späteren Beschäftigungspolitik des dort ganz unmythisch Geborenen oder von seinen Führungsqualitäten angelockt werden, wäre noch zu erforschen. Solange will der derzeitige Innenminister aber nicht warten. Mit einem sicheren Gespür für historische Parallelen wäre für ihn "ein Schleifen, so wie beim Fritzl-Haus in Amstetten, die sauberste Lösung". Wenn das der Führer wüsste! Und wie muss es erst seine Adepten kränken, wenn Amstetten auf diese Art mit Braunau verglichen wird. Mag Sobotkas Vergleich auch ein wenig hinken – wann hat man hierzulande schon den Ruf vernommen: Ein Fritzl muss wieder her! -, so ist seinem Vorschlag ein starkes antifaschistisches Engagement nicht abzusprechen.

Aber es wäre nicht Österreich, stieße Antifaschismus nicht an die Grenzen des Denkmalschutzes. So einfach, wie Schleifer Sobotka es sich macht, geht es nicht. Die Präsidentin des Bundesdenkmalamtes wandte ein, es brauche ein Verfahren zur Entlassung des Gebäudes aus dem Denkmalschutz. Die Regierung gibt sich zwar hart und meint, auch allfällige Erwägungen des Denkmalschutzes sollten der Enteignung nicht entgegenstehen. Doch wer weiß schon, ob die FPÖ sich in dieser Sache nicht an den Verfassungsgerichtshof wendet? Ihr geht Korrektheit schließlich über alles, vom irrationalen Mythos des speziellen Geburtsvorganges einmal abgesehen.

Ob abgerissen oder nicht, ob in einen Supermarkt – nicht Hofer! – oder in ein Bildungsinstitut umgewandelt, bleibt egal, solange Neonazis nicht der Boden, sondern höchstens eine Immobilie entzogen wird. (Günter Traxler, 14.7.2016)