Wahlärzte haben über die Jahre jeweils weniger Patientenkontakte pro Woche, Kassenärzte laut NÖ- Ärztekammer-Umfrage mehr. Demnach gaben 81 Prozent der Ärzte mit Kassenvertrag an, mehr als 50 Patienten zu betreuen, 40 Prozent sogar mehr als hundert.

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St. Pölten / Wien – Es gibt immer mehr Wahlärzte in Niederösterreich, die jeweils immer weniger Patientenkontakte haben. Dennoch ist diese Ärztegruppe die zufriedenste in dem Bundesland, wie eine Online-Befragung der Landesärztekammer unter den 7.525 niederösterreichischen Ärztinnen und Ärzten ergab.

An der Befragung nahmen 1.013 Ärzte teil, die kritischsten Antworten kamen von den niedergelassenen Ärzten mit Kassenvertrag, zufriedener mit der Situation ist die Gruppe der Spitalsärzte. Von den Wahlärzten gaben 94 Prozent gaben an, mit ihrer Lebenssituation (sehr) zufrieden zu sein. Die Zahl der sehr zufriedenen Wahlärzte nahm sogar zu (von 29 Prozent in den Vorjahren auf 41 Prozent) – obwohl die Einkommenssituation deutlich schlechter sei als bei den anderen beiden Ärztegruppen, wie Christoph Reisner, Präsident der niederösterreichischen Ärztekammer, bei einem Pressegespräch am Mittwoch anmerkte. "Es geht den Ärzten nicht mehr allein ums Geld", schlussfolgerte er.

Kleinere Wahlarztordinationen

Die Wahlarztordinationen werden tendenziell kleiner: In Niederösterreich gibt es laut Ärztekammer (Stand Mai) 2.060 Wahlärztinnen und Wahlärzte – die Zahl stieg kontinuierlich. Vor zwei Jahren waren es noch gut 160 weniger. Die Wahlärzte haben der Umfrage zufolge immer weniger Patientenkontakte, was sich auch auf die Verdiensthöhe auswirken dürfte.

17 Prozent der Wahlärzte haben mehr als 50 Patienten pro Woche, ein Viertel weniger als zehn Patienten.
Foto: NÖ Ärztekammer

Bei der ersten Befragung der Landesärztekammer im Jahr 2008 gaben noch 29 Prozent der Befragten an, mehr als 50 Patienten pro Woche zu haben, 22 Prozent hatten weniger als zehn. Inzwischen hat ein Viertel der Befragten weniger als zehn Patienten, aber nur 17 Prozent haben mehr als 50.

Der Frauenanteil unter den Wahlärzten ist hoch: 52 Prozent sind weiblich. Nur zwei Prozent gaben an, keine andere ärztliche Möglichkeit gefunden zu haben und deshalb als Wahlarzt tätig zu sein. Drei von vier Wahlärzten streben dezidiert keinen Kassenvertrag an.

Kritik am Verwaltungsaufwand

60 Prozent der reinen Ärzte mit Kassenvertrag sind hingegen (eher) nicht zufrieden mit ihrer Arbeitssituation. Ein paar Prozent weniger Unzufriedene sind es bei den Kassenärzten, die auch in einem Spital angestellt sind (56 Prozent). Mit der Lebenssituation sind allerdings 54 Prozent zufrieden, zusätzliche vier Prozent sogar sehr.

Die Zufriedenheitswerte nahmen seit der letzten Befragung (2013) etwas ab. Kritik kommt an der bürokratischen Belastung und der Einkommenssituation.

Kassenärzte äußern Kritik an der Einkommenssituation und der bürokratischen Belastung.
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Jeder fünfte Befragte gab an, die Einkommenssituation sei trotz höherer Arbeitsleistung gesunken. 81 Prozent der reinen Kassenärzte gaben an, pro Ordinationstag mehr als 50 Patienten zu behandeln, 40 Prozent erklärten sogar, sich pro Tag mehr als 100 Patienten zu widmen.

Offene Stellen

Dietmar Baumgartner, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in Niederösterreich, gibt zu bedenken: "Zum Teil seit Monaten werden zwölf Ärztinnen und Ärzte für Kassenplanstellen für Allgemeinmedizin und neun für Facharztstellen gesucht." Besonders schwierig sei die Situation bei Kinderärzten und Psychiatern. Die Pensionierungswelle werde die Lage noch verschärften, warnt Baumgartner. Und: "In kleineren Gemeinden wird es zunehmend schwieriger."

Dass Stellen nicht nachbesetzt werden können, fürchten auch Ärzte im Spitalsbereich. Fast zwei Drittel gaben an, diese Gefahr zu sehen. Mehr als jeder Dritte fürchtet demnach weiters, dass Dienststellen gestrichen werden.

Die Unzufriedenheit der Spitalsärzte mit den strukturellen und organisatorischen Gegebenheiten ist deutlich gestiegen.
Foto: Ärztekammer NÖ

Spitalsärzte sind mit ihrer Arbeitssituation etwas zufriedener als Kassenärzte und auch zufriedener als bei den Befragungen 2008 und 2013. Jene, die die Lage negativ beurteilen, kritisieren vor allem "schlechte strukturelle und organisatorische Gegebenheiten". Rund zwei Drittel gaben das als Gründe für ihre Unzufriedenheit an. 2008 war es nur ein Viertel, 2013 nicht einmal jeder Dritte.

Neues Gehaltsschema

Genauso viele beurteilten ihre Einkommenssituation zum Zeitpunkt der Befragung als unzureichend. Allerdings wurde bei den Gehaltsverhandlungen inzwischen eine Einigung auf ein neues Gehaltsschema erzielt, weshalb Kurienobmann Ronald Gallob davon ausgeht, dass die Werte heute anders wären.

Die Wochenarbeitszeit der Spitalsärzte ist gesunken, ihre Zufriedenheit mit der Lebenssituation leicht gestiegen – 71 Prozent sind (sehr) zufrieden damit. Die Unzufriedenheit wegen Mehrfachbelastung ging deutlich zurück. Kurienobmann Gallob zieht den Schluss, dass das mit der Übernahme gewisser Tätigkeiten der Pflege zusammenhängt. Allerdings gaben 64 Prozent sehr wohl an, unter Stress und Arbeitsbelastung zu leiden (2008: 59 Prozent). (spri, 13.7.2016)