Faszination Apokalypse: Mit seinem Inferno in "Independence Day: Resurgence" will Roland Emmerich digitalen Bombast zeigen, der 1996 noch nicht möglich war. Inhaltlich bleibt das Remake in althergebrachten Sphären.

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Regisseur Roland Emmerich mag eigentlich keine Fortsetzungen.

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Wien – Gemessen am immensen Erfolg von Independence Day (über 800 Millionen Dollar) hat sich Regisseur Roland Emmerich lange erfolgreich gegen eine Fortsetzung gewehrt. Nun ist es zwanzig Jahre später mit Independence Day: Resurgence doch dazu gekommen. Die Zeit spielt der Neuauflage allerdings nicht unbedingt zu. Setzte der erste Teil zumindest in Hinsicht auf ein Spektakelkino, das die Lust an der Zerstörung bediente, Maßstäbe, wirkt die Rückkehr der Alieninvasoren nicht gerade einfallsreich – alles recht ähnlich, nur noch größer und etwas konfuser erzählt.

Ein Star wie Will Smith ist diesmal nicht an Bord, dafür deckt das Ufo gleich den ganzen Atlantik ab. Emmerich hat einige Darsteller der alten Garde wie Jeff Goldblum oder Bill Pullman wieder verpflichten können und setzt zugleich auf die Zugkraft neuer Gesichter wie Jessie T. Usher oder Liam Hemsworth. Dass die Menschheit sich in zwanzig Jahren sinnvoll weiterzuentwickeln vermochte und auch extraterrestrische Technologie nutzt, gehört zu den originelleren Ideen des Films. Dass Tonfall, Aussehen und der etwas alberne Witz des Films immer noch wie aus den 1990er-Jahren wirken, ist definitiv von Nachteil.

STANDARD: Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Warum hat das denn so gedauert?

Emmerich: Ich habe einfach an keine Fortsetzung gedacht. Der Film stand für sich allein. Damals haben mich zwar alle aufgrund des Erfolgs auf ein Sequel gedrängt, aber ich mag keine Sequels. Der neue Film ist eine Fortsetzung nach zwanzig Jahren – und das gefiel mir daran, weil man eine andere Welt erzeugen konnte. Als ich vor sechs, sieben Jahren bei 2012 angefangen habe, mit digitalen Kameras zu drehen, und den ganzen Film im Computer erzeugen konnte, kam mir der Gedanke, was ich damit in einem Independence Day-Sequel machen könnte. Das hat mir den Glauben daran gegeben, dass ich etwas realisieren kann, was im Tonfall total gleich ist, aber eine andere Geschichte erzählt.

STANDARD: Der Historiker Michael Rogin hat über den ersten Teil einmal geschrieben, das sei der ultimative Film der Clinton-Ära.

Emmerich: Ach, immer diese Theorien darüber, warum ein Film zu einer bestimmten Zeit so gut gelaufen ist! Ich glaube, dass der neue Film heute Menschen daran erinnert, wie weit wir kommen könnten, wenn wir vereint wären. Ich zeige eine Welt, in der es keinen Krieg zwischen den Menschen mehr gibt – alles ist auf den Feind von außen ausgerichtet. Da wird einer neuen Generation erklärt: Wer hart trainiert, kann seinen Planeten irgendwann verteidigen. Das ist heutzutage ein provokanter Gedanke.

STANDARD: Momentan sieht es aber so aus, als wären wir von einer geeinten Menschheit mehr denn je entfernt ...

Emmerich: Ja, ich sage immer: Brauchen wir Aliens, um geschlossen zu handeln?

STANDARD: Wie würde ein Präsident Trump Aliens bekämpfen?

Emmerich: Ich habe keine Ahnung. Das Schlimme ist: Vor einem Jahr hat noch jeder gesagt, Trump sei ein Witz. Jetzt ist das alles nicht mehr so lustig.

STANDARD: Sie haben einmal gesagt, der Tag, an dem eine lesbische Latina US-Präsidentin wird, wäre der erste Tag einer Demokratie in Amerika. Warum haben Sie das nicht im Film umgesetzt?

Emmerich: Das wäre zu unwahrscheinlich gewesen! Ein Film muss sich schon ein bisschen wie Realität anfühlen. Wenn man eine solche Geschichte schreibt, macht man sich schon viele Sorgen – was wird man sagen, wenn es da ein bekennendes schwules Paar gibt; und eine Präsidentin. Speziell bei den Amerikanern fragt man sich, wie sie das sehen werden.

STANDARD: Warum können Blockbuster keine Risiken eingehen?

Emmerich: Das Studio hat lange herumüberlegt. Sie haben gefragt, warum wir nicht einfach einen Reboot von Teil eins machen. Ich sagte, ich mache nicht nochmals denselben Film. Ich habe es ihnen dann damit verkauft, dass es eine relativ große Zuschauerzahl gibt, die den Film nicht gesehen hat, weil junge Leute heute andere Medien als das Fernsehen nutzen. Deshalb wollte ich auch eine neue Generation Schauspieler engagieren, die als Identifikationsfiguren für die Kids dienen. Wir testen ja die Filme, und es hat voll hingehauen. Es macht keinen Unterschied, ob die Leute den Film schon kennen.

STANDARD: Was war denn die entscheidende technische Herausforderung? Gehen Sie eigentlich von den Objekten, der Größe des Raumschiffs aus?

Emmerich: Die Größe des Raumschiffs war nicht so sehr das Problem. Es sind mehr die Füße des Raumschiffs, wenn sie Wasser berühren – oder wenn es in Washington landet. Es geht immer darum, wie man das realistisch zeigen kann. Diese ganzen Feuer- und Wolkeneffekte sind Aspekte, die man 1996 noch nicht auf diese Weise hätte machen können. Ich habe das Gefühl, dass viele Leute, die Science-Fiction machen, nicht begreifen, wie man ganz große Bilder erzeugen kann.

STANDARD: Sie haben es sogar riskiert, das Weiße Haus in die Luft zu sprengen – diesmal wird es verschont. Eine Geste der Versöhnung?

Emmerich: Nein, ich wollte mich einfach nicht wiederholen. Aber es gibt immer noch ein Stück, das auf die Flagge fällt, und die hängt dann etwas schief. Das ist ein bisschen mein Bild für Trump.

STANDARD: Können Sie sich als Deutscher mehr erlauben?

Emmerich: Ich habe mich beim ersten Film darüber mit dem Produzenten unterhalten, der meinte, dass wir das Weiße Haus nicht in die Luft jagen können. Ich sagte: "Warum nicht!" Als wir dann den ersten Trailer zur Super Bowl in Arbeit hatten, kam wieder die Frage, ob man das Bild da schon sehen sollte. Dann haben wir zwei Versionen geschnitten, eine mit, eine ohne Weißes Haus. Und die Leute mochten die Provokation der Zerstörung natürlich viel mehr. Es gibt einfach keine heiligen Kühe mehr. (Dominik Kamalzadeh, 13.7.2016)