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Beim regulären Ministerrat am Sonntagvormittag kündigte Israels Premier Benjamin Netanjahu (Mitte) überraschend den Besuch des ägyptischen Außenministers Sameh Shoukry an.

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Sameh Shoukry (links) bezeichnete bei einem Treffen mit Benjamin Netanjahu die Vision einer Zwei-Staaten-Lösung als "nicht unrealistisch".

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Als mehr als nur symbolisch wurde am Sonntag von Kommentatoren der erstmalige Israel-Besuch eines ägyptischen Außenministers seit 2007 eingeschätzt. Nur Stunden vor seiner Ankunft war bekannt geworden, dass Sameh Shoukry am Nachmittag in Jerusalem vom israelischen Premier Benjamin Netanjahu empfangen werden sollte. In einer Verlautbarung des Außenministeriums in Kairo hieß es, Shoukrys Reise diene dem Zweck, zwischen Israel und den Palästinensern Vertrauen aufzubauen und so die Wiederaufnahme von direkten Verhandlungen zu erleichtern.

"Israel und die Palästinenser leiden seit Jahrzehnten unter ihrem Konflikt", sagte Shoukry. Die Vision einer Zwei-Staaten-Lösung sei nicht unrealistisch. Der Status quo könne nicht weitergehen, so der Ägypter. Ein Frieden zwischen Israel und den Palästinensern könnte eine Beruhigung der gesamten Region bewirken, sagte Shoukry.

Netanjahu kündigte den Besuch beim Ministerrat am Vormittag an und bezeichnete ihn als "in mehrfacher Hinsicht wichtig". Er sei ein Zeichen für "die Veränderung in den Beziehungen zwischen Israel und Ägypten", sagte der Premier und erwähnte speziell den "wichtigen Aufruf" des ägyptischen Präsidenten Abdelfattah al-Sisi, "den Friedensprozess sowohl mit den Palästinensern als auch mit arabischen Ländern zu fördern". Sisi hatte im Mai mit einer Fernsehansprache aufhorchen lassen, in der er von einer "echten Gelegenheit" für eine israelisch-palästinensische Regelung sprach.

Netanjahu spricht von "positiven Elementen"

Wenig später kam ein vorsichtig positives Echo von Netanjahu: Die alte arabische Friedensinitiative, die er bis dahin stets abgelehnt hatte, "enthält positive Elemente, die dazu beitragen könnten, konstruktive Verhandlungen mit den Palästinensern wiederzubeleben", sagte der Regierungschef nun. Der von Saudi-Arabien vorgeschlagene und 2002 von der Arabischen Liga angenommene Plan sieht vor, dass die arabischen Staaten das Verhältnis zu Israel normalisieren, wenn Israel einem Palästinenserstaat innerhalb der Linien von 1967 und einer "gerechten Regelung" für die palästinensischen Flüchtlinge zustimmt.

Seit der Machtübernahme Sisis hatten Ägypten und Israel diskret zusammengearbeitet, insbesondere bei der Bedrohung durch die Hamas und andere islamistische Gruppen auf dem Sinai und im Gazastreifen. Erst im Jänner hatte Ägypten wieder einen Botschafter nach Israel entsandt, nachdem dessen Vorgänger im Gefolge des Gaza-Kriegs im Herbst 2012 abgezogen worden war. Dass Ägypten das gute Verhältnis nun durch einen Besuch des Außenministers öffentlich demonstriere, sei eine "dramatische" neue Entwicklung, sagte ein früherer israelischer Botschafter in Kairo. Shoukry würde sich nicht derart exponieren, wenn er sich keine konkreten Ergebnisse erwarten würde.

"Regionale Dynamik"

Unklar blieb zunächst, um welche Initiativen oder Vorschläge es ging. Gerüchten zufolge habe Ägypten versucht, ein Treffen zwischen Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu vermitteln, was die palästinensische Seite aber abgelehnt haben soll. Unklar war auch, ob ein Zusammenhang mit der Initiative Frankreichs besteht, das eine internationale Nahostkonferenz zur Vorbereitung von direkten Gesprächen herbeiführen will. Experten erkannten jetzt eine "regionale Dynamik", in die Israel, einige arabische Staaten, die Türkei und Russland eingebunden sein könnten. Ende Juni hatten Israel und die Türkei sich im Rahmen eines Abkommens ausgesöhnt. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 10.7.2016)