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Am Freitagabend hatten die NATO-Staats- und Regierungschefs in großer Runde über den künftigen Umgang mit Russland diskutiert.

Foto: Reuters/Ernst

Warschau – Die Nato wird ihren Einsatz in Afghanistan angesichts der drastisch verschlechterten Sicherheitslage am Hindukusch auch im kommenden Jahr fortsetzen. "Die Lage in Afghanistan ist schwierig, es gibt Gewalt, Terroranschläge und Chaos", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beim Gipfel der Allianz am Samstag in Warschau. "Wir gehen nicht davon aus, dass sich die Lage dort rasch entspannt." Die Nato werde deshalb an der Seite der Afghanen bleiben. Zugleich erwarte das Bündnis allerdings verstärkte Anstrengungen der Regierung in Kabul im Kampf gegen Korruption und für Reformen. Derzeit sind noch rund 12.000 ausländische Soldaten am Hindukusch im Einsatz, davon rund 1000 Deutsche, die vorwiegend im Norden des Landes stationiert sind.

Truppenstärke bleibt gleich

Die Zahl der Truppen werde 2017 etwa gleich bleiben, kündigte Stoltenberg an. Er traf keine Voraussage, wie lange der Einsatz noch dauern wird. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014 massiv verschlechtert. Die radikalislamischen Taliban halten derzeit mehr Territorium als zu jedem anderen Zeitpunkt seit ihrem Sturz 2001. Im vergangenen Herbst überrannten sie sogar die Stadt Kundus, in der früher ein großes Bundeswehr-Kontingent stationiert war. Der Schock sorgte dafür, dass die USA und die Nato frühere Abzugspläne überdachten.

Vor einigen Tagen verlangsamte US-Präsident Barack Obama den Abzug seiner Soldaten erneut. Er entschied, vorerst 8400 amerikanische Soldaten am Hindukusch zu lassen. Ursprünglich sollte das US-Kontingent bis zum Jahresende von derzeit 9800 auf 5500 Soldaten schrumpfen. Der Einsatz der 3000 weiteren ausländischen Soldaten in Afghanistan hängt davon ab, dass die USA mit ihrer großen Militärmaschinerie weiter das Rückgrat der Mission bilden. Nur ein Teil der amerikanischen Truppen ist allerdings der Nato-Mission "Resolute Support" unterstellt, deren Auftrag die Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte am Hindukusch ist. Außerdem sind US-Spezialkräfte vor Ort und weitere Soldaten, die die afghanischen Sicherheitskräfte durch Luftangriffe unterstützen. Dieser Beitrag gilt als besonders wichtig, damit die Sicherheitslage nicht völlig kippt.

Die Finanzierung der afghanischen Armee und Polizei bis 2020 steht nach den Angaben Stoltenbergs weitgehend. Es gebe Zusagen für knapp eine Milliarde Dollar pro Jahr von den Nato-Partnern außerhalb den USA, sagte der Generalsekretär. Die USA selbst wollen knapp 3,5 Milliarden Dollar pro Jahr beisteuern, rund 400 Millionen soll Afghanistan selbst aufbringen. Ingesamt kostet die Finanzierung rund fünf Milliarden Dollar pro Jahr.

Raktenschild einsatzbereit

Der Raketenschirm der NATO zum Schutz Europas ist einsatzbereit. Die Allianz übernahm von den USA das Kommando über das Abwehrsystem, zu dem bisher eine Raketenabschussstation in Rumänien, vier in Südspanien stationierte Schiffe und eine Radaranlage in der Türkei gehören. Die Kommandozentrale ist im deutschen Ramstein. Die NATO betont, das Raketenschild sei nicht gegen Russland gerichtet. Moskau kritisiert das Projekt scharf und droht mit Gegenmaßnahmen.

Kampf gegen IS

Die NATO-Staaten haben grünes Licht für den Einsatz von Aufklärungsflugzeugen im Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) gegeben. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen, einer entsprechenden Bitte der USA nachzukommen. Die Flugzeuge sollen von der Türkei und der Mittelmeerküste aus den Luftraum über Syrien und dem Irak überwachen.

Der Irak bekommt zusätzliche NATO-Unterstützung im Anti-IS-Kampf. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen eine Ausweitung des Trainingsprogrammes für irakische Militärs. Diese sollen künftig nicht nur im Ausland, sondern auch im Irak selbst ausgebildet werden. Nach Angaben aus Bündniskreisen könnte der neue Einsatz im Irak Anfang kommenden Jahres starten.

Sechser-Treffen zum Ukraine-Konflikt

Zum Abschluss des Gipfels steht ein Treffen der NATO-Ukraine-Kommission auf dem Programm. Im Anschluss ist ein Sechser-Treffen zum Ukraine-Konflikt geplant. Daran nehmen neben dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Staatschef Francois Hollande, Italiens Regierungschef Matteo Renzi und der britische Premier David Cameron teil.

Am Freitagabend hatten die NATO-Staats- und Regierungschefs beim Abendessen in großer Runde über den künftigen Umgang mit Russland diskutiert. Die Staats- und Regierungschefs hätten sich dabei zuversichtlich gezeigt, dass die NATO mit Russland wieder in einen Dialog treten kann, hieß es aus französischen Regierungskreisen. Dafür müsse das Bündnis aber "hart mit Blick auf seine Werte bleiben".

Am Freitag hatte der Gipfel als Reaktion auf das russische Vorgehen in der Ukraine-Krise die weitere Verstärkung der NATO-Präsenz in Osteuropa beschlossen. Ab 2017 sollen in den drei baltischen Staaten und Polen je ein multinationales Bataillon mit bis zu 1000 Soldaten stationiert werden. (APA, 9.7.2016)