Die Präsidenten Barack Obama und Andrzej Duda beim Nato-Gipfel in Warschau

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Warschau – US-Präsident Barack Obama hat zu Beginn seines Besuchs in Warschau Polen zur Stärkung demokratischer Institutionen aufgefordert. Er habe bei dem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda seine "Besorgnis" über die Lage des Verfassungsgerichts zur Sprache gebracht, sagte Obama am Freitag.

"Rechtsstaatlichkeit, unabhängige Gerichte und freie Medien sind Werte, an denen den Vereinigten Staaten gelegen ist und die die Grundlage unserer Allianz sind", sagte Obama, der zum NATO-Gipfel in die polnische Hauptstadt gereist war.

Gesetz nachgebessert

Mit einem am Freitag im polnischen Parlament verabschiedeten Gesetz über das polnische Verfassungsgericht will die nationalkonservative Warschauer Regierung den Konflikt mit der EU-Kommission entschärfen. Für die Nachbesserung des im vergangenen Dezember verabschiedeten Gesetzes stimmten nach stürmischer Debatte 238 Abgeordnete bei 173 Gegenstimmen.

Die mehr als 40 Änderungsvorschläge der Opposition wurden allesamt abgelehnt. Die liberalkonservative Bürgerplattform kündigte an, beim Verfassungsgericht Beschwerde gegen das Gesetz einlegen zu wollen, falls es in dieser Form auch von der Senatskammer und vom Präsidenten verabschiedet wird. Die EU-Kommission eröffnete nach der ersten Version des Gesetzes ein Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit.

Fälle werden chronologisch bearbeitet

Auch wenn die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die im Parlament die absolute Mehrheit hat, auf eine Zweidrittelmehrheit für gültige Gerichtsbeschlüsse verzichtet, sehen Kritiker die Arbeit des Gericht weiter gelähmt. Wie in der ersten Fassung müssen die Richter Fälle chronologisch abarbeiten. Bis die umstrittenen Reformen der PiS beraten werden können, könnten Jahre vergehen. Menschenrechtsgruppen hatten das Gesetz vor der Abstimmung kritisiert. "Nach diesem Gesetz sind wir eher näher an Weißrussland und Kasachstan", sagte Adam Bodnar, der Ombudsmann für Bürgerrechte.

Europarat kritisiert neues Gesetz

Das neue Gesetz zum polnischen Verfassungsgericht ist beim Europarat auf deutliche Kritik gestoßen. Das Gesetz stelle eine "ernste Gefährdung für den Rechtsstaat dar", warnte der Menschenrechtsbeauftragte der paneuropäischen Staatenorganisation, Nils Muiznieks, am Freitag in Straßburg.

Er erinnerte daran, dass die sogenannte Venedig-Kommission des Europarats, der angesehene Verfassungsrechtler aus 60 Ländern angehören, den Entwurf des fraglichen Gesetzes kritisiert und Polen aufgefordert hatte, die Beschlüsse seines Verfassungsgerichtes zu respektieren. Das am Donnerstag verabschiedete Gesetz gehe aber "genau in die entgegengesetzte Richtung".

Der Menschenrechtsbeauftragte appellierte an den polnischen Senat, das Inkrafttreten dieses "schlechten Gesetzes" zu verhindern. Das Oberhaus des Parlaments müsse dafür sorgen, dass der Rechtsstaat in Polen gewahrt bleibe. Das von der rechtskonservativen Regierungspartei PiS eingebrachte Gesetz wurde mit der Mehrheit ihrer Abgeordneten angenommen und muss nun noch vom Senat und vom Präsidenten bestätigt werden.

Die nationalkonservative polnische Regierung hatte im vergangenen Dezember ein Gesetz über die Arbeit des polnischen Verfassungsgerichts verabschiedet, das nach Ansicht von Kritikern das Gericht lähmt. Die EU-Kommission eröffnete deshalb ein Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Polen. (APA, dpa, 8.7.2016)