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Eine Touristin aus China, die wie hunderttausend andere auf der Suche nach dem Original in Hallstatt, Oberösterreich, gelandet sind. Der Ort im Salzkammergut wurde im Süden Chinas nachgebaut.

Foto: AP / Kerstin Joensson

Peking/Wien – "Austria, ohhh, Hallstatt – wonderful." Wer in China unterwegs ist und aus Österreich kommend ein Gespräch beginnt, wird früher oder später eine interessante Erfahrung machen: Irgendwer war sicher schon in Österreich oder kennt zumindest jemand, der ihm davon erzählt hat. Und Hallstatt, der idyllische Ort im Salzkammergut, ist mindestens so bekannt wie Wien.

Das kommt daher, dass 2012 im Süden Chinas Hallstatt nachgebaut wurde – nicht 100 Prozent maßstabsgetreu, aber erkennbar. Hallstatt made in China hat sich zu einem Touristenmagneten entwickelt. "Immer mehr Chinesen, die das gesehen oder Berichte darüber gehört haben, wollen nun auch das Original erleben, sagte der Wirtschaftsdelegierte in Peking, Martin Glatz, dem STANDARD.

Hallstätter überlegen Obergrenze

Im Tourismusverband in Hallstatt bestätigt man den steilen Aufwärtstrend, den der 900-Einwohner-Ort zuletzt genommen hat. Nach 600.000 Tagesgästen 2014 sind 2015 bereits 800.000 Besucher gezählt worden, davon fast 500.000 aus China. Schon hört man Stimmen im Ort, die nach einer Obergrenze rufen, weil die Belastung übermäßig groß sei.

Allen Prognosen zufolge stehen Europa und Österreich erst am Beginn einer Entwicklung, die von Tourismusdienstleistern in Zukunft noch entsprechendes Einfühlungsvermögen abverlangen wird. Das beginnt beim Essen (in der Regel hoher Geräuschpegel) und endet oft beim Zimmer (getrennte Betten statt Doppelbett).

Eine-Million-Grenze überschritten

Die Österreich Werbung (ÖW), die in der Internationalisierungsstrategie für Österreichs Tourismus vor allem auf Länder wie China und Südkorea setzt, erwartet heuer erstmals mehr als eine Million Nächtigungen chinesischer Gästen in Österreich. Bei den Ankünften hat die Statistik Austria bereits im Vorjahr mehr Touristen aus China (720.000) als aus Russland (310.000) gezählt; in der Nächtigungsstatistik lag Russland (1,19 Mio.) vor China (960.000).

Die Trendumkehr hängt mit dem kräftigeren Touristenstrom aus China zusammen und damit, dass Österreich und andere Länder in Europa für Russen wegen der Sanktionen, der Wirtschaftskrise und Rubelabwertung an Attraktivität verloren hat. 2014 und 2015 sind um jeweils rund 30 Prozent weniger russische Touristen nach Österreich gekommen. Diese Entwicklung setzt sich heuer in abgeschwächter Form fort.

Verweildauer erhöhen

Nun gehe es darum, die Aufenthaltsdauer chinesischer Gäste in Österreich zu erhöhen, sagte ÖW-Chefin Petra Stolba. Diese ist von 2014 auf 2015 leicht von 1,2 auf 1,3 Tage gestiegen. Zum Vergleich: Über alle Märkte hinweg halten sich Touristen in Österreich im Durchschnitt 3,4 Tage auf. Chinas hat bereits 2012 Deutschland als Reiseweltmeister abgehängt und dürfte diesen Titel so schnell nicht wieder aus der Hand geben.

Fast die Hälfte aller chinesischen Touristen nennen "Luxury Shopping" als Hauptmotiv für eine Reise. Während sich Europäer in China nicht selten mit billigen Kopien von Markenprodukten eindecken, halten chinesische Touristen gezielt nach Originalware Ausschau. Stolba: "Wenn dann sonntags die Geschäfte im Goldenen Quartier in Wien geschlossen haben, stößt dies immer wieder auf Unverständnis." (Günther Strobl, 9.7.2016)