Asylsuchende dürfen nur in Unterkunft arbeiten oder für gemeinnützige Zwecke.

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Feldkirch – Nachbarschaftshilfe nennt die Caritas Vorarlberg ein Projekt, das Asylsuchenden stundenweise Arbeit und Zuverdienst ermöglicht. Asylwerberinnen und -werber verrichten für Private Hilfsarbeiten in Haus und Garten, bezahlt wird über Spenden an die Caritas. Die Caritas wiederum bezahlt für die Arbeiten vier Euro pro Stunde.

Das Projekt bewährt sich seit 23 Jahren. Nun muss die Nachbarschaftshilfe eingestellt werden. Es sei illegal, befinden Sozialministerium und Finanzpolizei, die Behörden sehen Übertretungen nach Ausländerbeschäftigungs- und Grundversorgungsgesetz. Man reagiere erst nach zwei Jahrzehnten auf die in Vorarlberg wohl "gut gemeinte" Praxis, erklärt Ministersprecher Christoph Ertl, "weil wir erst jetzt darauf aufmerksam gemacht wurden".

Lohn- und Sozialdumping, ja sogar Sklaverei würde möglich, würden andere dem Beispiel folgen, sagt Ertl. Die Asylwerber und -werberinnen arbeiten ohne Arbeitsverträge, "das ist rechtlich nicht gedeckt, da müssen wir einschreiten", begründet Ertl. Die Caritas wurde schriftliche aufgefordert, das Projekt einzustellen.

Enttäuschung bei Caritas

Walter Schmolly, Direktor der Caritas Vorarlberg, ist enttäuscht. Mit der Nachbarschaftshilfe müsse man ein Integrationsprojekt beenden, das von Bevölkerung und Politik breite Unterstützung erfahren habe. Schmolly: "Die Nachbarschaftshilfe hat Asylwerberinnen und -werbern sehr genützt, weil sie die Chance bot, Beziehungen zu knüpfen und dabei Deutsch zu lernen." Durch die Arbeiten sei Abwechslung in den Alltag gekommen, der sonst durch das Warten auf Bescheide geprägt sei.

Durch den Kontakt hätten Asylwerberinnen und -werber die Möglichkeit erhalten, den Alltag und die Kultur in Vorarlberg kennenzulernen, ergänzt Fachbereichsleiter Bernd Klisch. "Und einigen hat das geholfen, später einen Arbeitsplatz zu finden."

Begegnung über Arbeit

Im letzten Monat wurden 472 Menschen über die Nachbarschaftshilfe beschäftigt. Aus den Begegnungen seien sehr oft Beziehungen entstanden, sagt Klisch. Asylsuchende erhielten private Sprachkurse, Nachhilfe für Kinder, Hilfe bei Arzt- und Behördenbesuchen. Ihre Auftraggeberinnen und -geber bekamen Einblick in das Schicksal der Geflüchteten und dadurch mehr Verständnis für die neuen Nachbarn.

Der Wegfall der Nachbarschaftshilfe habe mehr Betreuungsaufwand durch die Caritas zur Folge, befürchtet Klisch: "Denn sie war ein wichtiger Beitrag zur Strukturierung des Tages, zur psychischen Stabilisierung und zur Integration."

Gut gemeint, aber nicht legal

Der gute Zweck und die gute Absicht seien dem Ministerium durchaus bewusst, sagt Ertl. "Aber die Sache ist rechtlich nicht gedeckt, ich hoffe auf ein Einsehen der Caritas." Man stelle sich vor, andere würden dem Beispiel folgen und Menschen ohne Arbeitsbewilligung zu geringem Entgelt arbeiten lassen, warnt Ertl: "Da müsste man von Sklaverei sprechen."

Natürlich unterstelle man das der Caritas nicht. Man unterstützte auch das Ansinnen, Tagesstrukturen und bessere Integration zu ermöglichen. "Aber so geht das nicht." Ertl verweist auf den Diskussionsprozess innerhalb der SPÖ und der Koalition über den Arbeitsmarktzugang von Asylsuchenden. Das Ergebnis dieser Überlegungen müsse man abwarten.

Ertl verweist zudem auf das neue Integrationspaket: "Dadurch werden ja Arbeiten für Gemeinden und gemeinnützige Organisationen möglich." (Jutta Berger, 8.7.2016)