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Die Équipe tricolore hat allen Grund zu feiern. Die Realisierung des Traums ist zum Greifen nahe.

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Antoine Griezmann avancierte im Halbfinale gegen Deutschland endgültig zum neuen Nationalhelden.

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Und nicht nur in Marseille wurde einmal mehr ausgelassen gefeiert.

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Marseille – Nationalheld Antoine Griezmann tanzte wild über den Rasen, Didier Deschamps umarmte einfach jeden – und so mancher Franzose geriet in völlige Ekstase. Der Einzug ins EM-Finale lässt ganz Frankreich nach Jahren voller Skandale und Tiefschläge von der Rückkehr zu goldenen Fußball-Zeiten träumen. Am Sonntag (21.00 Uhr/ARD) soll für die Équipe tricolore gegen Portugal der Titel her. Auch, um die Wunden des zerrissenen Landes zumindest etwas zu heilen.

"Wir haben Historisches geleistet und schon jetzt Geschichte geschrieben. Das sind wirklich große Emotionen", sagte Teamchef Deschamps nach dem 2:0 (0:0) gegen Weltmeister Deutschland. In den Minuten des Triumphs dachte der 47-Jährige aber zuerst an seine Landsleute: "Wir können dafür sorgen, dass sie für den Moment ihre Probleme vergessen und ihnen Freude bereiten. Auch deswegen freuen wir uns so sehr. In schweren Zeiten ist man sehr froh über diese Atmosphäre."

Pflichtprogramm

Frankreich ist von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen gezeichnet, mit dem Einzug ins Endspiel und der Chance auf den dritten EM-Titel nach 1984 und 2000 sorgen die Fußballer nun für die erhoffte Euphorie. Die Equipe hat die Herzen der Franzosen zurückerobert. "Es war unsere Pflicht, diese Spiele zu gewinnen und den Franzosen Freude zu bereiten, um sie ein wenig davon abzulenken", sagte Antoine Griezmann, das Gesicht der neuen französischen Generation.

Mit seinen beiden Treffern (45.+2/72.) sorgte der 25-Jährige im Alleingang für die Entscheidung. Die Torjägerkrone ist dem Stürmer von Atlético Madrid mit sechs Treffern in sechs Spielen kaum noch zu nehmen – und halb Europa liegt ihm zu Füßen. "Griezmann versenkt Löws Team. Deutschland, Italien hat dich zerstört", schrieb die italienische Gazzetta dello Sport. Marca aus Spanien meinte: "Nationalheld Griezmann. Der kleine Prinz ist jetzt schon der König." Und Frankreichs "L'Equipe schrieb: "Die Ekstase. Macht des Schicksals. Die französische Mannschaft steht im Finale der Euro wie die Generation Platini 1984, wie die Generation Zidane 2000, und man muss sich nicht am Kopf kratzen, um ihr jetzt einen Namen zu geben: Antoine Griezmann."

Extrem lange Durststrecke

58 Jahre lang hatte Frankreich bei keinem großen Turnier gegen die DFB-Elf gewonnen. Erst vor zwei Jahren schied der Weltmeister von 1998 im WM-Viertelfinale mit 0:1 gegen Deutschland aus. Vergessen. "Was Platini, der noch gegen die Mauer von Berlin ankämpfen musste, und Zidane nicht geschafft haben, Griezmann tat es", schrieb das Boulevardblatt Le Parisien.

Im Spielort Marseille gab in der Nacht einen nicht enden wollenden Autokorso mit Hupkonzerten, Zehntausende feierte ihr Team ebenso wie 90.000 in der Fanzone in Paris. "Die Unterstützung ist außergewöhnlich. Aber diese Mannschaft hat alles, um von den Fans geliebt zu werden", sagte Deschamps vor seinem dritten großen Finale.

Deschamps: "Freue mich vor allem für sie, nicht für mich"

Als Kapitän wurde er Welt- (1998) und Europameister (2000), nun greift Deschamps nach seinem ersten großen Titel als Teamchef. "Ich bin richtig stolz auf meine Spieler. Ich freue mich vor allem für sie, nicht für mich", sagt er: "Uns ist ein sehr wichtiger Schritt gelungen, der wichtigste kommt aber erst noch."

Nach dem verdienten Sieg gegen den Weltmeister sind die EM-Gastgeber im Stade de France gegen Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo in der Favoritenrolle. In 24 Begegnungen gab es bisher 18 Siege, darunter im EM-Halbfinale 2000 und im WM-Halbfinale 2006. "Ich hoffe, wir können dieses Finale gewinnen. Aber wir müssen unsere Füße auf dem Boden halten. Noch haben wir nichts erreicht", sagte Griezmann. (sid, 8.7.2016)