Die Arbeitswelt verändert sich – für den Mittelstand heißt das, Anknüpfungspunkte für das eigene Unternehmen zu suchen.

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Diversity ist keine "gute Tat" sondern rechnet sich, sagt Sophie Martinetz, Geschäftsführerin von Seinfeld Professionals.

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Die Arbeitswelt der Zukunft ist flexibel (Homeoffice, Jobsharing), verspielt (Büros mit Erholungsräumen und Rutschbahnen), vernetzt (Digitalisierung) und bunt (Diversity) – aber vor allem für kleinere Unternehmen scheint sie eines zu sein: überflüssig. Warum soll eine Großgärtnerei in der Südsteiermark plötzlich einen Onlinekundenservice aufbauen oder der Tischler in Vorarlberg seine Mitarbeiter nach ihren Lieblingsarbeitszeiten fragen?

"Mehr als 50 Prozent der derzeit in Beschäftigung stehenden Menschen gehen in den nächsten Jahren in Pension und müssen nachbesetzt werden. Alle Unternehmen wollen die besten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen", sagt Sophie Martinetz, Geschäftsführerin von Seinfeld Professionals – das Unternehmen bietet innovatives Kanzleimanagement und Infrastrukturdienstleistungen an. Unternehmen die Arbeitswelt von Morgen näher zu bringen, war eine Absicht bei der Gründung. Martinetz fährt fort: "Jene, die sich jetzt schon Gedanken über Perspektiven und Möglichkeiten machen, werden einen Schritt voraus sein."

Wo die Chancen liegen

Die Zurückhaltung gegenüber Themen wie Diversity oder Generationenmanagement rühre oft daher, dass bei den Menschen nur Schlagwörter ankommen, sagt Thomas Fundneider, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens The Living Core: "Es geht nicht um bunte Sessel oder Großraumbüros. Hinterfragen sollte man die eigenen Strukturen, welche Autonomien ermöglicht werden, aber auch welche Grenzen ich als Unternehmer setze."

Martinetz und Fundneider sind Teil einer fünfköpfigen Gruppe, welche die Auseinandersetzung über Möglichkeiten Geschäftsmodelle und Arbeit neu zu denken, vorantreiben will. Eine Veranstaltungsreihe dazu ging letzte Woche zu Ende. Den Dialog möchte man im Herbst gerne fortsetzen.

Ein Ergebnis der insgesamt fünf Treffen: Innovationen scheinen vielen Unternehmern zu teuer. "Natürlich ging es uns nicht darum zu behaupten, dass Veränderungen kein Geld kosten. Aber da können – vor allem im Dialog mit anderen Unternehmen – Lösungen gefunden werden", sagt Manuela Vollmann, Geschäftsführerin des abz austria, ein Non-Profit-Unternehmen für Gleichstellung am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft.

Lernende Organisation

Veränderungen seien vor allem im Mindset nötig. "Den Menschen muss klar werden, dass neue Modelle Arbeit zu organisieren ihnen Vorteile auf verschiedensten Ebenen bringen, weil ihre Mitarbeiter gesund bleiben und gerne zur Arbeit kommen." Es gehe darum, "eine lernende Organisation zu sein und Bildung und Wissen gezielt einzusetzen." Natürlich gibt es einige Klein- und Mittelunternehmen, die das schon lange erkannt haben und innovative Lösungen umsetzen. Kurze Entscheidungswege und mehr Freiraum als in einem Konzern sind hilfreich, um zu experimentieren. Erfahrungen auszutauschen und auf Wissen aus anderen Organisationen zurückzugreifen, hilft ebenfalls weiter.

Da kommt für Birgit Oburger, bei der Onlineunternehmensberatung Klaiton für Kommunikation und Kundenbeziehungen zuständig, die Digitalisierung ins Spiel: "Digitale Plattformen und Hub-Lösungen könnten eine Chance sein, um sich, dort wo es Sinn macht, gezielt Experten ins Unternehmen zu holen." Genau das tut Klaiton, das diese Woche eine halbe Million Euro Finanzierung einholte.

Weil es sich auch rechnet

Beim Thema Digitalisierung habe im Saal zunächst Zurückhaltung geherrscht. "Die Menschen denken oft 'Jetzt kommt Uber und alles geht unter'. Dann muss man sie dort abholen", sagt Andreas Hieger, der in Österreich für das IT-Beratungsunternehmen Qualysoft verantwortlich ist.

Man müsse Veränderungen auch immer als Business Case beschreiben, ist sich die Gruppe einig. "Wenn man erkennt, dass Diversity nicht nur eine gute Tat ist, sondern sich für das Unternehmen rechnet, sind die Reaktionen ganz anders", sagt Martinetz. (Lara Hagen, 14.7.2016)