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Trotz Pro-EU-Stimme bleibt Innenministerin Theresa May (links) Favoritin für das Premiersamt vor Adrea Leadsom (rechts).

Foto: Reuters

Vor dem Hintergrund düsterer Wirtschaftsnachrichten diskutieren die britischen Konservativen über die Anforderungen an die Spitze von Partei und Regierung. Im Vorfeld des letzten Wahlgangs in der Unterhausfraktion kam Donnerstag Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom unter Beschuss: Ihr fehle Kabinettserfahrung, wandten vor allem Parteifreunde ein, die den Justizminister Michael Gove zum Premier machen wollten.

Dieser Versuch scheiterte. Bei der parteiinternen Vorwahl landete Leadsom am Donnerstagnachmittag mit 84 von 329 Stimmen auf Platz zwei. Sie tritt damit bei einer parteiinternen Vorwahl bis 9. September gegen Innenministerin Theresa May an, die 199 Stimmen bekam. Gove (46 Stimmen) ist aus dem Rennen.

Seit dem Brexit-Votum am 23. Juni hat das Pfund um rund zehn Prozent nachgegeben, am Donnerstag erreichte es den tiefsten Stand zum US-Dollar seit 1984. Die Zahl der online abrufbaren Job-Angebote fiel nach Angaben der BBC um mehrere Hunderttausend. Frankreich will unter dem Slogan "Willkommen in Europa" hochbezahlte Banker aus der City of London nach Paris holen.

"Gewaltige Teams"

In der City arbeitete auch Leadsom bis zu ihrem Einzug ins Unterhaus 2010. Dass sie dort für die Barclays-Bank und den Fondsmanager Invesco Perpetual "gewaltige Teams" geführt habe, wurde diese Woche von früheren Kollegen angezweifelt. "Sie arbeitete an besonderen Projekten, manchmal in Teilzeit", berichtete Robert Stephens über die gemeinsame Invesco-Zeit in der "Financial Times".

Leadsom hatte den innerparteilichen Wahlkampf mit pointierten Hinweisen auf ihre drei Kinder begonnen, was als Untergriff gegen die kinderlose May gewertet wurde. In der Debatte um ihre Karriere in der sexistischen City of London hingegen spielt die Doppelbelastung als berufstätige Frau und Mutter keine Rolle.

Um Leadsom hatten sich die hartgesottenen EU-Feinde wie Bill Cash und Iain Duncan Smith versammelt, was gemäßigteren Fraktionsmitgliedern Angst einjagt. Goves Wahlkampfmanager hatte daher "im nationalen Interesse" appelliert, Leadsoms Einzug in die Stichwahl zu verhindern.

Der Justizminister gehörte wie Leadsom zu den Brexit-Befürwortern, was bei der Wahl durch die rund 130.000 überwiegend EU-feindlichen Parteimitglieder eine Rolle spielen wird. Denn May plädierte, wenn auch verhalten, für den Verbleib in der EU. Laut einer Umfrage von YouGov bleibt sie Favoritin: 63 Prozent wollten für die Innenministerin stimmen, egal welchem Gegenkandidaten sie sich stellen muss. (Sebastian Borger aus London, 7.7.2016)