Wien – Die Wogen an der ansonsten so ruhigen und beschaulichen Alten Donau gehen hoch. Grund sind Bautätigkeiten eines Gastronomen im Wiener Naherholungsgebiet im 22. Bezirk. Nach der Übernahme des Strandcafés Wien hat der neue Geschäftsführer den Altbestand des Lokals an der Uferpromenade der unteren Alten Donau abreißen lassen.
Zu Beginn dieser Sommersaison sollte ein großzügig erweiterter Neubau stehen und Gästen wieder, etwa vom schwimmenden Gastgarten aus, einen prächtigen Blick auf die Hochhäuser der Donau City oder auf das Strandbad Gänsehäufel erlauben. Laut Aushang sollte das Lokal 1.034 Verabreichungsplätze fassen, vor dem Abriss waren es 616 Plätze.
Das Lokal ist aber immer noch eine Baustelle, auf der sich aktuell nichts rührt. Grund ist ein Baustopp, den Anrainer an der Alten Donau vor sieben Wochen gewerberechtlich erwirkt haben. Arno Aigner, der Sprecher der Bürgerinitiative, steht hinter diesem Einschreiten. Er verweist auf einen "rechtswidrigen Baubescheid. Dieser ist rechtskräftig geworden, er ist aber völlig illegal."
Seit mehr als 100 Jahren Gastronomie
Zum Hintergrund: Dort, wo sich das Strandcafé in bester Lage befindet, hat es laut Auskunft aus dem Büro des Donaustädter Bezirksvorstehers Ernst Nevrivy (SPÖ) seit mehr als 100 Jahren Gastronomie gegeben. 300 Quadratmeter waren für diese Zwecke erlaubt. Über die Jahre erfolgten aber zahlreiche Zubauten auf Flächen, die als Erholungsgebiet, Grünland oder Uferpromenade gewidmet waren.
Möglich war das dank zahlreicher Ausnahmegenehmigungen, die von den Behörden erteilt wurden. Das alte Strandcafé wies vor dem Abriss mehr als 900 Quadratmeter bebaute Fläche aus, also dreimal so viel wie in der gültigen Flächenwidmung des Wiener Gemeinderats erlaubt.
Bauausschuss winkt Projekt durch
Auf diese Ausnahmen pochte auch der neue Geschäftsführer für seinen Neubau – der mit mehr als 1.000 Quadratmeter wieder etwas größer ausfallen sollte. Der Bauausschuss im 22. Bezirk winkte das Projekt im September 2015 mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP durch, die Baubewilligung folgte. Für die Ausnahmeregelung wurde auf Paragraf 69 der Bauordnung verwiesen, die "Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes" erlaubt, sofern sie die ursprüngliche Widmung nicht unterlaufen.
Und hier spießt es sich: Anrainer Aigner verweist einerseits darauf, dass mit dem Abriss die Sonderrechte erloschen seien. Andererseits hätte Paragraf 69 auf den als Erholungsgebiet gewidmeten Flächen gar nicht angewendet werden dürfen. Wegen des Einspruchs von Aigner läuft das gewerberechtliche Verfahren weiter, aktuell prüfen Sachverständige der MA 22 (Umweltschutz) etwa Lärmschutzmaßnahmen.
Bezirksvorsteher Nevrivy für Lokalprojekt
Bezirksvorsteher Nevrivy steht hinter dem Projekt. "Ich würde mir natürlich wünschen, dass das beliebte Strandcafé wieder seine Türen öffnen kann", sagte er dem STANDARD. Klar sei, dass die Anrainerrechte in Einklang bleiben müssten. "Dies jetzt zu klären, ist aber eine Frage der Gutachter und Sachverständigen und keine politische Frage."
Wertvolles Grundstück
Das Areal, das wie fast alle Flächen rund um die Alte Donau dem Stift Klosterneuburg gehört, gilt als eines der wertvollsten Grundstücke der Stadt. Andere politische Stimmen, die den Lokalbau verteidigen, aber nicht genannt werden wollen, kritisieren die Anrainer. Sie würden lieber weniger Gäste und Lärm haben wollen. Der Geschäftsführer des Strandcafés ließ wissen, dass man mit den Behörden im Gespräch sei. Weitere Auskünfte könnten nicht erteilt werden.
Nach Informationen des STANDARD soll das Projekt redimensioniert worden sein: Statt 1.034 Plätze soll es 795 geben – 179 Plätze mehr als vor dem Abriss. Zudem soll die Uferpromenade breiter gestaltet werden. Laut Homepage des Strandcafés müsse "aufgrund technischer Schwierigkeiten" mit einer "Bauverzögerung von etwa einem halben Jahr" gerechnet werden. (David Krutzler, 8.7.2016)