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Seit Monaten wird in Deutschland für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts demonstriert.

Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke

Was in Österreich schon seit 1. Jänner 2016 gilt, wird nun auch in Deutschland eingeführt. Der deutsche Bundestag hat am Donnerstag jene Verschärfung des Sexualstrafrechts beschlossen, die seit Monaten unter dem Motto "Nein heißt Nein" diskutiert wurde. Künftig soll ein Mann auch dann bestraft werden können, wenn er eine Frau vergewaltigt hat, diese aber zuvor "lediglich" "Nein, ich will das nicht" gesagt hat.

Bisher ist der Paragraf 177 im deutschen Strafgesetzbuch so geregelt, dass nur verurteilt werden kann, wer Sex mit Gewalt oder Gewaltandrohung erzwingt, beispielsweise der Frau ein Messer an den Hals hält. Ein bloßes "Nein" reichte nicht aus. Dies wird nun geändert, es reicht künftig aus, wenn sich der Täter über den "erkennbaren" Willen des Opfers hinwegsetzt.

Lob aller Fraktionen

In Deutschland wurde über diese Gesetzesänderung schon seit Jahren diskutiert, aber die Koalitionäre kamen nicht vom Fleck. Unter dem Eindruck der Kölner Silvesternacht, in der unzählige Frauen auf der Kölner Domplatte von Männergruppen, deren Mitglieder vor allem aus Nordafrika stammten, massiv angegriffen wurden, kam dann jedoch wieder Druck in den Kessel.

Bei der Debatte im Bundestag lobten die Rednerinnen aller Fraktionen den nun vorliegenden Gesetzesentwurf mit der Verschärfung. "Der Schutz der Selbstbestimmung verträgt keine Einschränkung", sagt Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU). Sie wies mit leichter Ironie darauf hin, dass es auch "ein paar furchtlose Männer" waren, die daran mitgearbeitet hatten – eine Anspielung auf Skepsis in der Unionsfraktion. Viele Männer hatten sich zunächst gegen die Reform gewehrt und argumentiert, nach deren Inkrafttreten könne jede Frau sehr leicht einen Mann in Misskredit bringen, weil sie einfach behaupten könne, er habe sie vergewaltigt. Doch Winkelmeier-Becker wies darauf hin, dass weiterhin vor Gericht gelte, dass eine Tat auch bewiesen werden müsse. Katja Keul von den Grünen wies darauf hin, dass das Prinzip "Nein heißt Nein" in Österreich schon seit Jänner 2016 gelte und es ein "Meilenstein" sei, dass Deutschland nachziehe.

Hierzulande nämlich heißt es seither im Paragraf 205a des Strafgesetzbuches: "Wer mit einer Person gegen deren Willen, unter Ausnützung einer Zwangslage oder nach vorangegangener Einschüchterung den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vornimmt, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zu bestrafen."

Sexuelle Belästigung

Eine direkte Folge der Kölner Silvesternacht ist eine weitere Änderung, die der Bundestag am Donnerstag beschlossen hat. Mit Paragraf 184j wird ein neuer Straftatbestand der sexuellen Belästigung eingeführt. Dieser zielt auf Personen, die aus einer Gruppe heraus eine andere Person bedrängen, um sie zu begrapschen oder sexuell zu nötigen. Künftig macht sich bei einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren schon derjenige strafbar, der Teil einer solchen Gruppe ist. Allerdings ist eine solche Regelung nach Auffassung der Kieler Sexualrechtsprofessorin Monika Frommel "offenkundig verfassungswidrig", weil auch diejenigen bestraft werden sollen, die zwar Teil der Gruppe sind, aber an der Tat gar nicht beteiligt waren.

Die dritte am Donnerstag beschlossene Änderung betrifft eine Verschärfung des Ausweisungsrechts. Das "Nein heißt Nein"-Prinzip wird darin berücksichtigt, sodass ausländische Straftäter ohne Asylanspruch auch dann abgeschoben werden können, wenn sie Sexualdelikte begangen haben und die Frau vorher eben "Nein" gesagt hatte. Bisher ist die Ausweisung nur möglich, wenn die Sexualstraftat mit einer "Gewalt, Drohung, Gefahr für Leib und Leben oder List" begangen worden war. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.7.2016)