Frankreichs Top-Torschütze Antoine Griezmann wartet auf die Deutschen.

APA

Die Spielwiese Deutschland gegen Frankreich – aus wirtschaftlicher Sicht. Stürmer werden etwa mit Exportquote und Innovationskraft ihrer Nationen gleichgesetzt, das Mittelfeld mit Produktivität und Zahl der Patente verglichen. Faktoren wie Internetaffinität und Erwerbsquote halten für die Verteidigung her.

Wien – Aufholjagden, Elferschießen und ausgeschlagene Zähne: Bei Duellen Deutschland gegen Frankreich geht's auf dem Fußballplatz mitunter heiß her. Als im "Thriller von Sevilla" bei der WM 1982 der deutsche Tormann einen französischen Verteidiger bewusstlos gecheckt hatte, sahen sich Kanzler Helmut Schmidt und Präsident François Mitterrand sogar zu einer gemeinsamen Erklärung genötigt, um die nationalen Aufwallungen zu besänftigen. Heute Abend sind die einstigen, mittlerweile in der EU geeinten Kriegsgegner wieder Rivalen auf dem grünen Rasen – ein Sieger steht jedoch bereits fest. Im Match nach wirtschaftlichen Kriterien haben die Franzosen gegen die Deutschen kein Leiberl.

Deutschland hängt Frankreich in elf von zwölf ökonomischen Parametern klar ab, überraschenderweise sogar in puncto Lebensqualität. Von wegen Savoir-vivre: Glaubt man dem entsprechenden Index für OECD-Länder, lebt es sich in Frankreich um zwölf Plätze schlechter als in Deutschland.

Strategieberater Stefan Höffinger, Freizeitkicker im Dienste seiner Kinder, ließ die Rivalen auf dem Wirtschaftsparcours gegeneinander antreten. Er setzte Stürmer mit Exportquote und Innovationskraft ihrer Nationen gleich, verglich das Mittelfeld mit Produktivität und Zahl der Patente und zog für die Verteidigung Faktoren wie Internetaffinität und Erwerbsquote heran. Auf der Reservebank: die Arbeitslosenquote.

Favorit auch auf der Ersatzbank

Deutschland ist allein hier Favorit: Die Arbeitslosigkeit in der größten Volkswirtschaft der EU ist mit 4,6 Prozent von allen Halbfinalisten die niedrigste – und nicht einmal halb so hoch wie jene in Frankreich, resümiert Höffinger.

Zugleich wuchs das deutsche BIP im Vorjahr doppelt so stark wie das französische. Knapp geschlagen geben müssen sich die Deutschen nur bei der Arbeitsproduktivität. Doch auch das ist laut Höffinger zu relativieren: Denn Frankreich habe in der Krise mehr Jobs abgebaut als der Kontrahent, der sich flexiblerer Arbeitszeitmodelle bediene. Was sich wiederum in Eurostat-Statistik aufs BIP pro Erwerbsperson niederschlage.

Frankreichs EM-Stürmer strotzen vor Selbstbewusstsein. Umgelegt auf die Exportquote ihrer Landesökonomie, landen sie mit 22 zu 39 Prozent aber deutlich weniger Treffer als die Deutschen. Deren Kicker wiederum zeigten im Laufe der EM eine starke Defensive. Was sich auch – als Parallele in der Wirtschaftswelt – im Webzugang von 90 Prozent und in einer 74-prozentigen Erwerbsquote widerspiegelt.

Durch keinerlei ökonomische Kennzahlen hinterlegt: die Unterstützung der Fans im Stadion. (Verena Kainrath, 7.7.2016)