65 bis 69 Millionen Jahre alte antarktische Muscheln geben Zeugnis von zwei gewaltigen Naturkatastrophen: Anhand ihrer chemischen Zusammensetzung ließ sich zeigen, dass die Meerestemperaturen innerhalb von 150.000 Jahren zweimal um bis zu acht Grad anstiegen.

Foto: Sierra Petersen

Ann Arbor / Wien – Es war eines der größten Massensterben in der Geschichte des Planeten – und vermutlich jenes, das in der Öffentlichkeit am bekanntesten ist: An der sogenannten Kreide-Paläogen-Grenze vor ziemlich genau 66 Millionen Jahren starben die landlebenden Dinosaurier aus und mit ihnen bis zu drei Viertel der damaligen Tier- und Pflanzenarten.

Seit den 1980er-Jahren glaubt man, die Ursache dafür zu kennen: Ein gewaltiger Asteroideneinschlag, der den Chicxulub-Krater in Mexiko hinterlassen hat, gilt als der große Dino-Killer. Diese These ist nicht zuletzt dank der zeitlichen Präzisierung des Impakts gut begründet und wird auch nicht angefochten.

In jüngster Zeit hat aber eine Alternativhypothese einigen Aufwind bekommen, die bereits seit mehreren Jahrzehnten diskutiert wird: Kurz vor der Kreide-Paläogen-Grenze habe sich eine zweite Naturkatastrophe ereignet, der ähnlich große Bedeutung zukomme wie dem Asteroideneinschlag. Gewaltige Vulkaneruptionen im Gebiet des Dekkan-Trapp in Indien hätten das Klima bereits zuvor stark verändert.

Doch lassen sich die Auswirkungen dieser beiden Ereignisse überhaupt unterscheiden oder vergleichen? Das hat nun ein US-Forschertrio rund um Sierra Petersen versucht, und zwar anhand von Rekonstruktionen der Meerestemperaturen rund um die antarktische Seymour-Insel.

Zu diesem Zweck untersuchten sie mittels einer neuen Methode die chemische Zusammensetzung von 29 bestens erhaltenen fossilen Muschelschalen und kamen dabei zu einem erstaunlichen Ergebnis: Aufgrund des Vulkanismus seien die Meerestemperaturen von acht Grad Celsius kurzfristig auf fast 16 Grad Celsius angestiegen, berichtet das Team um Petersen im Fachblatt "Nature Communications". Rund 150.000 Jahre später kam es dann zu einem weiteren Temperaturanstieg, der etwas geringer ausfiel und den die Forscher mit dem Chicxulub-Impakt in Verbindung bringen.

Für Erstautorin Petersen deuten die neuen Ergebnisse darauf hin, dass die große Auslöschung an der Kreide-Paläogen-Grenze ein Doppelschlag gewesen sein dürfte: Durch den Vulkanismus sei es zu einer ersten starken Klimaerwärmung gekommen, die der Tier- und Pflanzenwelt stark zugesetzt habe. Der Asteroid habe vielen Arten mit einem (Ein-)Schlag dann den Rest gegeben. (Klaus Taschwer, 6.7.2016)