Tech-Day, die weltgrößte Start-up-Messe im April in New York: Von optimalen Bedingungen für Jungunternehmer ist man in Österreich weit entfernt.

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Schon zum zweiten Mal in seinem 50-jährigen Leben darf sich Herr P. "Start-up-Unternehmer" nennen: Vor 20 Jahren hat er, gemeinsam mit zwei Freunden, in einer Altbauwohnung in Wien sein erstes Start-up gegründet, das nach zehn Jahren über 70 Mitarbeiter beschäftigte und auf dem internationalen Transport- und Logistikmarkt mitmischte – nach 15 Jahren hat er es an einen US-Konzern verkauft und den Erlös dann wieder in andere Start-ups investiert.

Vor drei Jahren hat er sich noch einmal mit seinen Freunden zusammengetan und erneut ein Start-up-Unternehmen gegründet, das Optimierungssoftware für die Transportbranche entwickelt. Wieder läuft es ziemlich gut, die kleine Firma beschäftigt mittlerweile acht Mitarbeiter.

Lange nichts getan

Die Start-up-Initiative der Bundesregierung begrüßt der Unternehmer: "Das ist ein Anfang, immerhin, vorige Regierungen haben gar nichts getan." P. stößt sich auch nicht an der Tatsache, dass es "nur" 185 Millionen Euro an frischem Geld und 100 Millionen an staatlichen Garantien sind, die dafür lockergemacht werden sollen.

Er lobt auch die versprochene Senkung der Dienstgeberbeiträge in den ersten drei Jahren – mit Einschränkung: "Wie sie das machen, das ist schon sehr kleinlich." Wenn schon, dann solle dies für alle Mitarbeiter gelten – nicht nur für die ersten drei. Und das mit der Entbürokratisierung von Förderansuchen sei schon so oft versprochen worden – das glaube er erst, wenn er es selbst erlebt habe, sagt P.

Nicht genug

Die Skepsis des Unternehmers ist verständlich, vielen Kommentatoren ergeht es ähnlich. Der neue Kanzler Christian Kern hat bisher schön gesprochen und sein Revier abgesteckt, das ging einigen besonders Ungeduldigen schon gehörig auf die Nerven. Jetzt lässt seine Regierung erste Taten folgen, und es ist auch wieder nicht recht. Oder besser: nicht genug.

Denn das ist es tatsächlich nicht: Ein bisschen in die Wirtschaft zu investieren, ein bisschen zu entbürokratisieren, ein bisschen zu vereinfachen wird bestimmt nicht reichen, um das angestrebte Ziel von 50.000 neuen Jobs bis 2020 zu erreichen.

Wenig Qualifizierte

Zieht man etwa wieder als Beispiel den Wiener IT-Unternehmer P. heran, kann man gut sehen, worum es geht: P. sucht seit Gründung seines neuen Unternehmens händeringend nach Entwicklern – also Leuten, die das, was er sich an Innovation ausdenkt, auch in ein Softwareprogramm umsetzen können. Das sei schwierig, beschreibt er, es gebe kaum gute Leute in Österreich – und jene, die es gebe, würden sofort von den großen Firmen "weggekauft".

Also machte man sich auf die Suche im Ausland – bei der Arbeitssprache Englisch an sich kein Problem. Ein solches taucht erst auf, wenn die jungen Menschen, die P. angeheuert hat, in Österreich zu arbeiten beginnen wollen. "Die Rot-Weiß-Rot-Card funktioniert nicht, es ist zum Teil schikanös, wie sie angelegt ist", sagt P. zu diesem Thema. Landesbehörden erwiesen sich zum Teil als extrem bürokratisch, kompliziert und überaus streng in der Auslegung von Vorschriften. P.: "Selbst als hochqualifizierte Spitzenkraft fühlt man sich in Österreich nicht sehr willkommen."

Keine Willkommens-Card

Die Herausforderung liegt auf der Hand: Alle Politikbereiche müssen durchkämmt, überprüft und durchforstet werden. Was funktioniert, was nicht? Was fördert die Entstehung neuer Jobs, was behindert sie? Die Regierung wird sich mit den Gewerkschaften genauso anlegen müssen wie mit den Kammern, mit den Sozialversicherungen ebenso wie mit den Ländern – und nicht zuletzt ist es unvermeidlich, dass man in Sachen Einwanderungspolitik tatsächlich im gleichen Takt schwingt.

Nach sieben Wochen im Kanzleramt hat Kern einen Anfang und einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Einen Minischritt, dem viele Riesenschritte folgen müssen, wenn er denn dort bleiben will. (Petra Stuiber, 6.7.2016)