Kritischer Blick: Maxi Blaha beim Putzen der unsichtbaren Wand – die sich als Spiegel herausstellt. Im Hintergrund Simon Raab am Klavier.

Foto: Johannes Puch

Reichenau an der Rax – Nicht die sprichwörtliche gläserne Decke, sondern eine durchsichtige Wand markiert in Es gibt mich nur im Spiegelbild die Grenze. Maxi Blaha stößt immer wieder dagegen. Sie putzt diese aber auch. Denn alles Häusliche ist ihr zwar ein Gefängnis, bestehen will sie in diesem aber trotzdem. Bis zur Aufopferung. Schließlich gibt es keinen Hoffnungsschimmer ohne Schatten: Die Liebe ist ein Selbstbetrug. Und der Schreibtisch eine Galeere.

Von Schreibpapier überwuchert steht dieser Schreibtisch auf der Bühne (Ausstattung: Claudia Vallant), und an ihm findet zusammen, was aller Offenbarung nach lange schon einmal zusammengeführt werden musste: zwei Dichterinnen wie nur je eine. Und so verschieden sie mit ihrer jeweiligen Sprache haushalten oder -hielten, so viel verbindet sie, die beide aus der Provinz in die Städte gegangen sind, doch: Ingeborg Bachmann und Elfriede Jelinek, diese beiden großen Vertreterinnen einer österreichischen Literatur, deren Merkmal das Würgen an den Verhältnissen ist.

Verbale Kämpfe

In knapp einer Stunde collagiert Blahas One-Woman-Show plus Klavier (Simon Raab spielt und verantwortet die Komposition voll gebotener Unruhe) verdienstvoll Textperlen der beiden Dichterinnen. Sie stammen aus Werken wie Malina und Prinzessinnendramen (Die Wand) sowie aus Beiwerken wie Interviews. "Ich existiere nur, wenn ich schreibe", klagt eine dann stellvertretend auch für die andere. Oder behauptet den Umstand, zu schreiben, als Schutz vorm Beschriebenwerden.

Hier werden verbale Kämpfe gefochten: um Anerkennung, gegen die Einsamkeit, gegen die Wunden der Erziehung. Dazu rauft Blaha sich die Haare, schenkt sich Hochprozentiges ein, drapiert sich auf ihrem Zettelberg (Regie: Martina Gredler).

Zuweilen hochkomisch

Eindrücklicher noch als die Bekenntnisse der Frauen als Dichterinnen sind aber jene der Dichterinnen als Frauen. Schönheit, Mode, Liebe – wer ist schon davor gefeit zu sehnen? Neben bitter ist das zuweilen hochkomisch. Wie nah beides liegen kann, führt etwa ein Angriff des Bild-Kolumnisten Franz Josef Wagner gegen Jelinek nach dem Gewinn des Nobelpreises vor: Sie solle sich ihr Preisgeld nehmen, es für einen Therapeuten ausgeben und glücklich werden! Ihre Entgegnung? "Also, eine Million Euro gebe ich bestimmt nicht für Therapeuten aus. Da kauf ich mir lieber ein japanisches Kleid." Solche Zeilen, sie führen an sehr konkrete, wunde Punkte. (Michael Wurmitzer, 25.8.2016)