Wien – Mit der Lockerung der Registrierkassenpflicht kommt es auch zu steuerlichen Erleichterungen für Vereinsfeste. Dass im Zuge dessen politische Parteien ebenfalls von der Regelung profitieren sollen, hat bereits für heftige Reaktionen gesorgt. Nun liegt der Abänderungsantrag der Abgeordneten Jan Krainer (SPÖ) und Werner Groiß (ÖVP) vor, der in seiner Begründung Einblicke in großkoalitionäres Selbstverständnis gewährt.

Die steuerliche Besserstellung sei deshalb von Belang, weil "parteipolitische Aktivitäten aus demokratiepolitischer Sicht unterstützenswerte Zwecke darstellen". Der Abänderungsantrag geht dann auch im Detail darauf ein, für welche Ziele die Einnahmen aus den Festen verwendet werden dürfen. Vorgesehen sei die Umleitung der Brutto-für-netto-Erlöse aus Ausschank und Verzehr dann, "wenn die Mittel beispielsweise für die Wahlwerbung oder für Informationen über die politischen Tätigkeiten dieser Partei verwendet werden". Anders ausgedrückt: Der österreichische Steuerzahler verzichtet künftig auf Budgeteinnahmen, damit die Parteien mehr Geld in die Wahlkampfwerbung stecken können.

Die Neuregelung enthält aber noch weitere Raffinessen. Die Steuerbefreiung bis zu Einnahmen von 15.000 Euro gilt nicht für eine Partei oder politische Vorfeldorganisation, sondern für die kleinste Einheit dieser Körperschaften. Bisher ging man davon aus, dass somit jede parteinahe Organisation in jeder einzelnen Gemeindeebene in den Genuss der Ausnahme kommt. Im Gesetzesentwurf wurde jetzt aber eine noch vorteilhaftere Regelung gefunden: Es wird auf die Katastralgemeinde abgestimmt.

Hübsches Zubrot

Zur Erklärung: Es gibt in Österreich gut 2.300 Gemeinden, aber mehr als 7.000 Katastralgemeinden. Wien beispielsweise besteht aus 89 Katastralgemeinden. Das ist vor allem historisch bedingt – ehemalige Vorstädte wurden eingemeindet, als Katastralgemeinden blieben sie bestehen. Der Gemeindebezirk Hietzing beispielsweise setzt sich aus neun Katastern zusammen, beispielsweise Lainz, Speising oder Auhof.

Doch damit nicht genug: Wenn es unterhalb der Katastralebene Organisationseinheiten gibt, beispielsweise lokale Sektionen, werden auch sie befreit. Allerdings soll hier ein missbräuchlicher Wildwuchs von Untergliederungen verhindert werden. Das Steuerzuckerl gilt nur für Einheiten, die schon Ende Mai 2016 existierten.

Mit der Regelung wäre es rein hypothetisch möglich, dass die Junge ÖVP oder die Sozialistische Jugend – um nur zwei der zahlreichen Parteiorganisationen zu nennen – die Steuerbefreiung bis 15.000 Euro gut 7.000-mal im Jahr in Anspruch nehmen. Wie groß das Körberlgeld für die politischen Organisationen nun tatsächlich ausfällt, lässt sich naturgemäß kaum abschätzen. Eine Schätzung hat Mario Pulker, Obmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer, bereits genannt: Wenn in jeder österreichischen Gemeinde nur drei Feste von Parteivorfeldorganisationen veranstaltet würden, kämen diese insgesamt auf rund 95 Millionen Euro an unversteuerten Einnahmen. Die Wirte haben naturgemäß ein Eigeninteresse, befürchten sie durch die Begünstigung der Politik doch Einnahmeneinbußen. Sie haben eine Beschwerde beim Verfassungsgericht angekündigt. (Andreas Schnauder, 1.7.2016)