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300 von insgesamt 23.000 Osteuropaflügen werden gestrichen.

Foto: ap/Hans Punz

Wien – Würde Rainer Stratberger wie in der Schule Noten verteilen, so gäbe er Jaan Albrecht ein "Nicht genügend". Der neue AUA-Bordbetriebsratschef sieht in "massiven Fehlentscheidungen" des ehemaligen Chefs der Fluglinie und dessen Managements die Ursache dafür, dass im Juli und August wegen Personalknappheit erneut Flüge gestrichen werden.

Waren im Juni 150 AUA-Strecken ausgefallen, werden nun von insgesamt 23.000 Flügen im Sommerfahrplan 300 nach Osteuropa gecancelt. "Es ist mir lieber, 99 Prozent des Programmes zuverlässig zu fliegen, als 100 Prozent unzuverlässig", begründete der seit August 2015 amtierende AUA-Vorstand Kay Kratky die Maßnahme auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz.

Schon seit 2012, als bei der AUA eine Insolvenz drohte, herrscht beim Flugpersonal eine angespannte Situation. Damals hatte der Deutschmexikaner Albrecht das Ruder übernommen, im Juni 2015 wechselte er zum Ferienflieger SunExpress. Unter seine Ägide fiel auch die Aufkündigung des Kollektivvertrags für das Bordpersonal durch die AUA-Konzernmutter Lufthansa. Die Arbeitnehmerseite zog dagegen vor den Europäischen Gerichtshof. Ende 2014 haben Vorstand und Betriebsrat dann einen neuen Konzern-Kollektivvertrag samt millionenschwerem Generalvergleich geschlossen.

Krisenmodus

"Auch wenn man sich seinerzeit im Krisenmodus befunden hat – mit guten Skills ausgestattete Manager hätten den künftigen Personalbedarf erkennen müssen", sagt Stratberger im Gespräch mit dem STANDARD. So aber sei man in den im Herbst 2015 gestarteten Umflottungsprozess (die AUA ersetzt die alte Fokker durch Embraer-Flieger) mit "Personenunterbestand" gegangen. Jetzt sitzen viele Piloten in Schulungen und stehen für den normalen Flugbetrieb nicht zur Verfügung. Insgesamt müssen 500 von 1000 Piloten umgeschult werden.

Kratky räumte am Freitag ein, dass man aus jetziger Sicht "früher hätte beginnen sollen, Piloten einzustellen". Im Vorjahr waren es 100, heuer kommen noch einmal 70 dazu. Auch für 2017 werden weitere Cockpit-Mitarbeiter gesucht.

Allerdings ist es offenbar generell nicht einfach, Pilotennachwuchs heranzuziehen. Von Bewerbern ohne Vorkenntnisse, etwa Maturanten, schaffen Airbus-Kapitän Stratberger zufolge gerade einmal fünf bis sieben Prozent das harte Auswahlverfahren. Und um "Ready-entry-Piloten", also jene mit Flugschein, herrscht am europäischen Flugmarkt ein Griss. Sind noch mehr Flugstreichungen zu erwarten? "Das lässt sich nicht sagen. Aber das jetzige Management hat das Problem erkannt und geht es an, wir ziehen gemeinsam an einem Strang", betonte Stratberger.

Weniger Flüge, mehr Gewinn

Zu den von Betriebsrat und Gewerkschaft Vida geäußerten Vorwürfen gegen Ex-Chef Albrecht sagte AUA-Sprecher Peter Thier, vor zwei, drei Jahre sei es bei der Fluglinie ums wirtschaftliche Überleben gegangen. Diese Aufgabe habe das frühere Management erfüllt. Man habe fast ein Drittel des gesamten Personals abbauen müssen. Dass man nun wieder Mitarbeiter aufnehmen kann, sei auch dem harten Sparkurs zu verdanken. Die jetzige Einstellung von Piloten sei bereits im Budget eingeplant gewesen, zusätzliche Kosten entstünden nicht.

Wer weniger Strecken ansteuert, kann zwar auch weniger verdienen. Trotzdem soll die Prognose halten, wonach die AUA heuer "deutlich mehr" an Gewinn als die im Vorjahr erzielten 54 Millionen Euro einfliegen will.

Passagiere, die von den Streichungen betroffen sind, werden übrigens entschädigt. Wer bereits fix gebucht hat, erhält Vorschläge für Umbuchungen oder bekommt sein Geld zurück. (kat, smo)