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Solidarität in Europa: Auf das Brandenburger Tor war am Mittwoch eine türkische Fahne projiziert worden. Rufe wurden laut, die Forderung der EU nach Reformen der türkischen Antiterrorgesetze fallenzulassen.

Foto: AP/Markus Schreiber

Istanbul/Athen – Drei junge Islamisten aus Russland und Zentralasien sollen den Terroranschlag auf den Istanbuler Flughafen Atatürk verübt haben. Das verlautete am Donnerstag aus Ermittlerkreisen. Offiziell gilt in der Türkei seit dem Anschlag am späten Dienstagabend eine Nachrichtenblockade. Türkische Medien nahmen aber Gerichtsverfahren in Kauf und veröffentlichten weiterhin neue Details zum vierten und bisher schwersten Terroranschlag in Istanbul in diesem Jahr.

So sollen die drei Männer aus der russischen Kaukasusrepublik Dagestan, aus Usbekistan und Kirgistan vor einem Monat in die Türkei eingereist sein. Der russische Attentäter hätte dann auf seinen Namen eine Wohnung im Istanbuler Stadtteil Fatih angemietet. Die Herkunft der Terroristen stützt den Verdacht der türkischen Regierung, der Anschlag sei im Auftrag der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verübt worden. Diese hatte bereits mit einem Selbstmordattentat vor der Blauen Moschee in Istanbul im vergangenen Jänner die türkische Tourismuswirtschaft treffen wollen; damals starben zwölf Menschen, elf von ihnen waren deutsche Urlauber.

Verdacht auf Wien-Konnex

In Istanbul und in Izmir nahm die Polizei bei Razzien insgesamt 22 Verdächtige fest. Einige türkische Medien halten – gestützt auf Berichte angeblicher Augenzeugen – weiterhin an der Theorie fest, dass weitere Terroristen an dem Anschlag auf den Flughafen beteiligt waren, aber fliehen konnten. Bereits am vergangenen Samstag erschossen Sicherheitskräfte an der türkisch-syrischen Grenze zwei mutmaßliche Attentäter des IS. Einer von ihnen, so meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu, hätte einen Anschlag in Adana vorbereitet.

Laut einem Onlinebericht der "Presse" haben türkische Sicherheitsbehörden auch Kontakt mit Österreich aufgenommen, weil sie den aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien stammenden Ahmed Tschatajew als Drahtzieher des Anschlags auf den Istanbuler Flughafen mit 44 Toten im Verdacht hätten. Tschatajew sei 2003 nach Österreich gekommen, habe Asyl erhalten und sei später nach Syrien in den Jihad gezogen.

Wie Innenministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck unterdessen gegenüber der APA klarstellte, gebe es jedoch "aktuell keine gesicherten Erkenntnisse" der Sicherheitsbehörden, wonach Ahmed Tschatajew Drahtzieher des Dreifachanschlags auf den Flughafen Istanbul gewesen sein könnte und dass irgendein Österreich-Bezug bestehe. Eine türkische Zeitung habe den Namen lediglich ins Spiel gebracht.

Es habe daher auch "keine spezifische Kontaktaufnahme" vonseiten der türkischen Behörden wegen Tschatajew auf Basis eines Verdachts gegeben, sondern es bestehe "in solchen Fällen routinemäßig Kontakt, um mögliche Bezüge auszuloten".

"Sie haben ihren Platz in der Hölle vorbereitet"

Der konservativ-islamische Staatschef Tayyip Erdoğan sprach indes den Attentätern so deutlich wie nie zuvor jede religiöse Rechtfertigung ihrer Tat ab. "Sie haben ihren Platz in der Hölle vorbereitet", wurde Erdoğan zitiert.

Drei Schwerverletzte des Anschlags starben am Donnerstag. Die Zahl der Opfer stieg damit auf 44. Mehr als 90 Verletzte werden noch in Spitälern behandelt. Die Regierung räumte mittlerweile ein, dass zwei Attentäter durch die Sicherheitsschleusen am Eingang des Terminals gelangten. (Markus Bernath, 30.6.2016)