Nichts soll vom roten Relaunch verschont bleiben: SPÖ-Chef Christian Kern ist der Entwurf des neuen Parteiprogramms zu schwammig. Der Beschluss wird deshalb erst einmal auf nächstes Jahr verschoben.

Wie bei den meisten Aktionen in Kerns ersten Wochen geht es dabei vor allem um ein symbolisches Signal. Eine präzise, messerscharfe Handlungsanleitung für die Zukunft werden die Sozialdemokraten auch in der Überarbeitung nicht zustande bringen. Programme großer Parteien sind von Natur aus vage, weil sie die ganze Breite einer Bewegung umfassen müssen, außerdem drohen sie rasch von der Realität überholt zu werden. Einen Finanzcrash, Flüchtlingssommer oder Brexit später sieht der druckfrischeste Grundsatzkatalog sehr schnell sehr alt aus.

Viele Genossen rufen zwar nach der Neuprogrammierung, doch mehr als einmal überfliegen werden das fertige Elaborat nur wenige. Parteiprogramme sind einfach fad.

Spannender als das Ergebnis könnte aber der Weg dorthin werden. Die Sozialdemokraten sollten den Anlass nutzen, um eifrig und öffentlich zu diskutieren, die Konfrontation mit Kritikern zu suchen und dabei – nach dem ewigen Vorbild Bruno Kreiskys – neue Allianzen jenseits der Parteigrenze zu schmieden. Bisher, unter dem Faymann'schen Ruhegebot, war von einem Aufbruch nichts zu spüren. Eine offene Programmdebatte würde Kern die Gelegenheit bieten, den bleiernen Deckel zu heben. (Gerald John, 30.6.2016)