In der Landwirtschaft gibt es einen Zug zur Größe. Eine kleinstrukturierte Landwirtschaft sei nur über Förderungen zu erhalten, meint Josef Plank, neuer Generalsekretär der Landwirtschaftskammer.

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STANDARD: Im Regierungsprogramm steht, dass die Landwirtschaftskammer, die die Form eines Vereins hat, eine echte Bundeslandwirtschaftskammer werden soll.

Plank: Ja, das steht im Regierungsprogramm, die Vorarbeiten dazu sind aber noch nicht sehr weit gediehen. Wir sehen uns an, was Sinn macht. Dahinter steht auch die Überlegung, dass die Landwirtschaft und der nachgelagerte Sektor, also Verarbeiter und Handel, zusammenrücken müssen angesichts des kleinen Marktes in Österreich und der kleinen Struktur der Betriebe. Da braucht es eine verbindende Kraft. Das soll die Bundesebene sein. Umgekehrt sind wir in der Landwirtschaft sehr stark auf die Landesebene fokussiert, und das soll nach meiner Sicht auch so bleiben. Wir müssen nur sicherstellen, dass es eine gemeinsame Sprachregelung gibt mit neun Kammern. Da sehe ich Entwicklungsbedarf. Wir müssen viel stärker eine Brücke Richtung Gewerbe, Richtung Vermarkter und Lebensmittelhersteller bauen.

STANDARD: Das klingt abgehoben.

Plank: Wir sehen das nicht so. Wenn es gelingt, bundesweit sauber zu koordinieren, dann kann der Föderalismus viel leisten. Denn man muss schon sehen: Vorarlberg ist von Wien weit entfernt, die sollen sich die Dinge schon selbst regeln. Katastrophal ist natürlich, wenn man neunfach nebeneinander Vorschriften produziert. Ich bin dagegen, dass der Föderalismus grundsätzlich schlechtgemacht wird, wie es derzeit in vielen Bereichen der Fall ist. Die zentralistisch geführten Länder – Frankreich zum Beispiel – haben noch nicht gezeigt, dass sie alles besser machen als die föderalistischen, zum Beispiel Deutschland.

STANDARD: Ich habe ein gutes österreichisches Beispiel für viel Föderalismus. Die "Ländlichen Fortbildungsinstitute" gehören zu den größten Empfängern agrarischer Förderungen. Da wird alles neunfach gemacht, mit dem Bund zehnfach. Der Rechnungshof hat die verwirrenden Strukturen bei diesen Schulen scharf kritisiert.

Plank: Grundsätzlich denke ich, dass wir das Weiterbildungswesen forcieren müssen, weil das die Grundlage für alles ist. Das LFI auf Bundesebene koordiniert, die Bundesländer setzen um. Und ja, es gibt ein besonders vielschichtiges Schulwesen in der Landwirtschaft auf Bundes- und Länderebene. Allerdings haben wir auch einen besonders hohen Anteil von Praxis dabei. Und so schlecht kann es nicht sein, ich höre, dass der Typus im Rahmen der Zentralmatura gut abgeschnitten hat.

STANDARD: Landwirtschaft braucht einen Modernisierungsschub?

Plank: Nicht unbedingt. Wir sind beispielsweise beim Einsatz moderner Medien sehr stark. Aber natürlich, es gibt einen Strukturwandel in der Landwirtschaft. Immer weniger Betriebe werden immer leistungsfähiger, das ist überall in der EU so. Aber in Österreich ist es aufgrund der Topografie so, dass wirtschaftliches Wachstum Grenzen hat und wir darauf achten müssen, dass auch andere Leistungen, die die Landwirte erbringen, anerkannt werden: die Bewirtschaftung der Almen, die benachteiligten Regionen. Davon profitieren auch andere Personengruppen – die Touristen, die Ausflügler.

STANDARD: Aber für den Erhalt des ländlichen Raumes gibt es doch viele Förderungen.

Plank: Selbstverständlich, die gibt es. Aber es ist außer Streit zu stellen, dass viele Leistungen nicht über den Markt honoriert werden können, dass es da begleitende Maßnahmen braucht. Zum Beispiel beim Trinkwasser. Es ist überall in der Welt nicht selbstverständlich, dass es Trinkwasser in höchster Qualität gibt – bei uns schon. Das ist auch eine Leistung der Bauern. Ich möchte davor warnen, dass irgendwann, weil die Betriebe gewachsen sind, die Förderungen verschwinden – weil man sagt, dass es der Markt eh macht.

STANDARD: Es gibt einen großen Wandel in der Landwirtschaft, nicht zuletzt durch die Digitalisierung.

Plank: Bei dieser Entwicklung sind wir mitten drinnen. Zum Beispiel beim fahrerlosen Fahren auf den Feldern, mit Roboter-gesteuerten Traktoren. Das ist eine Entwicklung, von der auch wieder die großen Betriebe profitieren, die anderen müssen sich über Maschinenringe zusammenschließen. Das ist für die Landwirtschaft eine Chance, ressourcenschonender zu arbeiten, zum Beispiel beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Wenn die Felder millimetergenau vermessen sind, und die Geräte über ein Ortungssystem gesteuert werden, muss dort nicht gespritzt werden, wo eh kein Unkraut wächst.

STANDARD: Das wird die Verschuldung der Bauern aber noch weiter in die Höhe steigen lassen. Und schon jetzt sagen viele, dass sie wegen in der Milchkrise mit dem Rücken zur Wand stehen. Die Kritik ist, dass die Beratung der Landwirtschaftskammern mitschuld ist.

Plank: Bei einer Beratung wird versucht, einen Weg vorzuzeichnen, eine Perspektive zu geben. Die Investitionsentscheidung dann kann nur vom Betrieb alleine getroffen werden. Auch ist es eine betriebliche Entscheidung, ob man auf Milchkühe setzt oder auf mehreren Beinen stehen will. Aber es ist eine unserer Arbeitshypothesen, dass in den nächsten 20 Jahren die Betriebe um 25 Prozent weniger werden. Da braucht es Investitonen und die entsprechenden Förderungen und Rahmenbedingungen dazu, damit Marktanteile, auch im Export, nicht verloren gehen. Wenn wir da nicht gegenhalten, sind wir weg vom Fenster. Es gibt einen Verdrängungswettbewerb und wir könnten andere, eigentlich bewährte Sparten, schnell verlieren: Spargel, Erdbeeren sind dafür Beispiele. Wenn wir das nicht liefern, liefert ein anderer aus dem Ausland.

STANDARD: Sie sind auch Obmann des Biomasseverbandes. Viele Anlagen haben eine finanzielle Schieflage und müssen nun trotz jahrelanger Förderungen in Form von gestützten Einspeisetarifen extra bezuschusst werden. Ist das nicht eine Fehlentwicklung?

Plank: Ja, da gibt es viel Kritik derzeit. Nicht gerechtfertigt, wie ich meine. Die Deutschen haben ihre Einspeisetarife mit 20 Jahren fixiert. Wir nur mit 13, und deshalb haben wir die Diskussion. Aber es ist definitiv so, dass es nicht diese erneuerbare Energie ist, die plötzlich nicht marktfähig geworden wäre. Sondern es ist so, dass Erdöl so günstig geworden ist, dass die Biomasseanlagen – die alle völlig in Ordnung sind – vergleichsweise teurer wurden. Da muss ich auf das Pariser Klimaabkommen verweisen: Wenn wir die notwendige Energiewende durchführen wollen, dann müssen wir diese Anlagen, die 6,5 Prozent des Stroms liefern, am Netz halten. (Johanna Ruzicka, 1.7.2016)