1939 gegründet, bot Böhle mit handverlesener Feinkost bis heute Supermarktketten die Stirn. Nun droht ein Stück Wiener Geschichte zu Ende zu gehen.

Heribert Corn

Wien – "Wir wollen nicht zusperren, wir werden kämpfen." Wolfgang Ruff weiß noch nicht, wie es weitergehen soll, nur so viel sei gewiss, dass er nicht aufgeben werde. Schließlich sei sein kleines Geschäft das letzte seiner Art.

Ruff ist Delikatessenhändler in zweiter Generation. Vor 34 Jahren erwarb sein Vater in der Wollzeile den Greißler Böhle, der dort seit 1939 Feinkost feilbot. Seither galt das Traditionsgeschäft als Anziehungspunkt für Gourmets und als letzte Bastion der Nahversorger in Wiens Innenstadt gegen die Übermacht der Supermarktketten.

Schließung droht

Das Sortiment reichte von seltenen Spirituosen und Weinen über hausgemachtes Wienerisches bis zu handverlesenem Internationalen. Böhle wollte bieten, was keiner mehr hat. Doch am Donnerstag meldete der Betrieb mit neun Mitarbeitern Insolvenz an. Nicht davon betroffen ist das gleichnamige Partyservice der Familie Ruff.

Man habe Reorganisationsmaßnahmen getroffen, aufgrund der geringen Erlöse gelinge es aber nicht, ein operativ positives Ergebnis zu erzielen, geht aus dem Insolvenzantrag hervor. Nun droht die Schließung.

Laufkunden gingen verloren

Ruff erzählt von Gehältern über Branchenschnitt aufgrund der hohen Qualifizierung seiner Leute, von teuren Mieten und gestiegenen Nebenkosten. "Sinkt der Umsatz, ist das alles schwer zu handhaben." Stammkunden wurden altersbedingt weniger, die Jungen wagten sich kaum ins edle Ambiente herein. "Dabei kosten viele Delikatessen bei uns nicht mehr als in den Supermärkten."

Der Abzug des Bezirksgerichts und Finanzamts aus dem Grätzel schmerzt Böhle bis heute. Strengere Regeln bei kostspieligen Geschäftsgeschenken kosteten den Betrieb rund um Weihnachten 90 Prozent des früheren Umsatzes.

Bastion der Einzelkämpfer

Die Wollzeile gilt als Rückzugsgebiet kleiner Einzelkämpfer, die große Ketten aus der übrigen Wiener Innenstadt vertrieben. Doch die Festung bröckelt. Erst jüngst gab der Spielwarenhändler Kober nach 130 Jahren auf. Mit Turczynski und Kreps starb ebenfalls ein Stück Wiener Geschichte. (Verena Kainrath, 30.6.2016)