Bei den Wahlen bestätigt, in den Koalitionsgesprächen vorerst noch ratlos: Spaniens Premier Rajoy.

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Spaniens Wahlsieger, Interimspremier Mariano Rajoy, hat sich am Dienstag nach der Wahl an die Sondierungsarbeit gemacht. Er möchte eine "stabile Regierung für vier Jahre" – das wäre eine Koalition. Der Konservative schließt aber auch nicht aus, "in Minderheit mit punktuellen Einigungen" die Geschäfte zu führen. In den kommenden Tagen wird er offiziell Gespräche mit dem sozialistischen PSOE und den rechtsliberalen Ciudadanos aufnehmen.

Das neue Parlament tritt am 19. Juli erstmals zusammen. Nach der ersten Abstimmung über eine Regierung haben die Abgeordneten zwei Monate Zeit, sich zu einigen. Sollte dies nicht gelingen, müssten erneut Wahlen stattfinden. Doch so weit soll es nicht kommen. Alle Parteien haben in den vergangenen Tagen bekräftigt, dass sie auf gar keinen Fall einen dritten Wahlgang wollen.

Rajoys Partido Popular (PP) gewann am Sonntag 137 Abgeordnete im 350 Sitze starken spanischen Parlament. Die rechnerisch einfachste Lösung wäre eine große Koalition mit der zweitstärksten Kraft, dem sozialistischen PSOE (85 Abgeordnete). Doch dieser weigert sich bisher, einen solchen Pakt einzugehen. "Wir werden weder aktiv noch passiv Rajoy unterstützen", erklärte am Morgen nach den Wahlen Parteisprecher Antonio Hernando. Er fordert ihn auf, in seinem "ideologischen Umfeld" nach Unterstützern zu suchen.

Kaum Alternativen

Das wären die Ciudadanos (C's). Die vor knapp zehn Jahren in Katalonien als antinationalistische Kraft entstandene rechtsliberale Partei sitzt seit Dezember als vierte Kraft im Madrider Parlament. Am Sonntag verlor sie zwar Stimmen und Abgeordnete, stellt aber weiter eine 32-köpfige Fraktion. Ein Bündnis PP/C's käme auf 19 Sitze. Es würden sieben für eine absolute Mehrheit fehlen. Sollte sich der regionalistische Abgeordnete aus den Kanaren anschließen, wären es 170. In einem zweiten Wahlgang müssten sich dann sechs Abgeordnete enthalten. Dafür kämen die Sozialisten oder nationalistische Kräfte aus dem Baskenland und Katalonien infrage.

Ciudadanos-Chef Albert Rivera ziert sich noch, ein Schwenk wäre aber durchaus denkbar. Denn auf regionaler Ebene gibt es mehrfach Unterstützung seiner Partei für PP-Regierungen. Allerdings verlangt Rivera bisher, dass Rajoy den Hut nimmt. Das lehnt der durch den Wahlsieg gestärkte Parteichef aber strikt ab.

Eine Linksregierung ist dieses Mal so gut wie unmöglich: PSOE und das linke Parteienbündnis Unidos Podemos haben insgesamt 161 Abgeordnete. Eine Regierung bräuchte die Unterstützung der Ciudadanos. Doch mit diesen will Podemos nicht zusammengehen.

In den kommenden Tagen wird sicher Bewegung in die Verhandlungen kommen. Der PSOE tagt am 9. Juli. Einzelne regionale Parteiführer wollen dort dafür eintreten, dass der PSOE sich im zweiten Wahlgang enthält. Der Konservative müsste dann, egal bei welchen Gesetzesvorlagen und auch beim Haushalt 2017, punktuelle Abkommen aushandeln. Er wolle zwar eine solche Lösung nicht, sagte etwa der Parteichef aus Extremadura, Guillermo Fernández Vara, "aber ich glaube, dass das Fehlen einer Regierung noch mehr Schaden anrichten würde". (Reiner Wandler aus Madrid, 28.6.2016)