Wien – Im Vorjahr sind bei den Sicherheitskontrollen in den heimischen Gerichtsgebäuden insgesamt 214.786 gefährliche Gegenstände vorübergehend beschlagnahmt worden. Darunter befanden sich 509 Schusswaffen, 52.496 Hieb- und Stichwaffen und 161.781 "sonstige gefährliche Gegenstände", wie das Justizministerium am Dienstag in einer Presseaussendung bekannt gab.

Dass zur letzteren Gruppe zweifellos die vom Justizministerium explizit erwähnten Pfeffersprays, Nagelfeilen und Schraubenzieher zählen, ist unbestritten. Zumindest im Wiener Straflandesgericht und in mehreren Wiener Bezirksgerichten müssen beim Betreten aber auch Gegenstände abgegeben werden, bei denen es fraglich erscheint, ob diese tatsächlich eine Gefahrenquelle darstellen. So dürfen Fahrradhelme, Wasserflaschen und Behältnisse aus Glas nicht mit ins Innere der Gebäude genommen werden. Sogar Deodorants und Parfüms müssen abgegeben werden. Die beschlagnahmten Gegenstände dürfen in aller Regel beim Verlassen der Gebäude wieder mitgenommen werden.

Restriktivere Einschätzung des Gefährdungspotenzials

Die Sicherheitskontrollen bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften werden seit einem Schussattentat im Bezirksgericht Hollabrunn durchgeführt, das im Dezember 2009 einer Rechtspflegerin das Leben gekostet hat. Im Vergleich zum vorangegangenen Jahr sind 2015 um 20 Prozent mehr Gegenstände beanstandet worden, was auch auf eine restriktivere Einschätzung des Gefährdungspotenzials zurückzuführen ist. Fakt ist allerdings auch, dass bei den Sicherheitskontrollen immer mehr Personen mit Schusswaffen angehalten werden. Waren es 2010 374, wurden 2014 bereits 447 Waffen abgenommen. Im Vorjahr ist diese Anzahl um weitere 14 Prozent angestiegen.

Derzeit verfügen rund 90 der Gerichte und Staatsanwaltschaften in Österreich über Eingangskontrollen. Sie sollen demnächst auf sämtliche Gebäude ausgeweitet werden, um bundesweit ein lückenloses Netz an Sicherheitskontrollen in Justizgebäuden gewährleisten zu können.

Dass es auch heute noch zu Zwischenfällen kommt, zeigte sich erst am vergangenen Dienstag, als eine Frau am Bezirksgericht Lienz in Osttirol eine Richterin mit einem Pfefferspray attackiert hat. Der Vorfall passierte während des Amtstages am vergangenen Dienstag, berichtete die "Tiroler Tageszeitung" in ihrer Dienstagsausgabe. Das Motiv für die Tat war vorerst unklar. Als Konsequenz werde künftig an allen Amtstagen Security am Eingang postiert sein, hieß es. (APA, 28.6.2016)