Didier Seeuws, Leiter der "Task Force Brexit".

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Didier Seeuws hat seit dem Wochenende einen der schwierigsten Jobs, den die EU im Moment bietet. Der 50-Jährige wurde vom ständigen Ratspräsidenten Donald Tusk zum Leiter der "Task Force Brexit" auserkoren. Er wird also für die Union mit den Vertretern der britischen Regierung die Verhandlungen über einen Austritt Großbritanniens aus der Gemeinschaft führen.

Die Entscheidung zugunsten des Belgiers, der in Gent geboren wurde, fiel rasch, als offiziell klar war, dass eine knappe Mehrheit der Briten beim Referendum für "Leave" – für den EU-Austritt – gestimmt hatte. Ein solches Szenario war in EU-Stäben gemeinsam mit der EU-Kommission in allen Details monatelang vorbereitet worden, auch wenn niemand ernsthaft damit gerechnet hatte. Nun wollte Tusk Handlungsfähigkeit demonstrieren, Tempo machen.

Sprecher von Guy Verhofstadt

Die Sache hat nur einen Haken: Es liegt nicht an der EU oder ihren 27 Mitgliedstaaten zu entscheiden, wann der Verhandlungsprozess nach Artikel 50 des Unionsvertrags beginnt. Solange die Regierung in London keinen entsprechenden Antrag einbringt, kann das Verfahren nicht beginnen. Premier David Cameron stellte den Start durch seinen Nachfolger für Oktober in Aussicht. Für Seeuws und sein Team heißt das: abwarten. Mit Nichtstun hat das freilich wenig zu tun. Für den EU-Austritt eines wirtschaftlich und sicherheitspolitisch derart großen und wichtigen Landes sind enorm viele Details und Implikationen abzuarbeiten.

Maximal zwei Jahre darf es dauern, dann soll der "Scheidungsvertrag" fertig sein. Der studierte Jurist, Europarechtler und Karrierediplomat Seeuws ist darauf gut vorbereitet, er kennt alle Tricks von Regierungen aus erster Hand. 1991 in den Außendienst seines Landes eingetreten, war er unter anderem Attaché in Washington. Ab 2003 diente er vier Jahre lang Regierungschef Guy Verhofstadt, dem "glühenden Europäer", als Sprecher. Dann war er Botschafter Belgiens in der EU, ehe er 2012 zum Chefberater und Kabinettschef von EU-Präsident Herman Van Rompuy aufstieg – Tusks Vorgänger. Er weiß also genau, wie die EU-Regierungschefs "ticken", was sie wollen.

Seeuws gilt als besonders ruhiger Typ, darin Van Rompuy ähnlich, als sachlich, einer, der das Finden von schwierigen Kompromissen im Traum beherrscht, ohne Getöse, im Hinterzimmer. Die politische Bühne war nie seine Sache. Zuletzt arbeitete Seeuws bescheiden als Direktor für Verkehr und Energie im Rat. (28.6.2016, Thomas Mayer)