Die Asylantragszahlen sinken, im Lager Traiskirchen ist Platz genug, in vielen Flüchtlingsquartieren stehen Betten leer. Und trotzdem: Die Notverordnung zur Eindämmung zu vieler Asylanträge müsse so rasch wie möglich beschlossen werden, ohne abzuwarten, wie sich die Lage weiter entwickelt, fordert Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) im ORF-Fernsehen mit dringlicher Miene.

Das Engagement Ehrenamtlicher sei vielfältiger denn je, berichteten Mitarbeiter von Flüchtlingskoordinator Christian Konrads Initiative "Österreich hilfsbereit" nach einem österreichweiten Treffen. Aber nichts da! Den Helfern sei sehr zu danken, aber fest stehe, dass sie am Rande ihrer Kraft stünden, orakelte Sobotka.

Kein Wort über die wahren Herausforderungen in der Asylwerberbetreuung. Etwa über den Umstand, dass viele Unterkunftgeber ein ganzes Jahr nach dem politischen Beschluss, die Tagsätze für die Flüchtlingsbeherbergung zu erhöhen, immer noch auf das Zusatzgeld warten.

Tatsächlich klaffen Fakten und Regierungspolitiker-Kommentare zur Flüchtlingsfrage in Österreich derzeit in einem Ausmaß auseinander wie noch nie. Die Lage im heimischen Asylbereich hat sich vorerst stabilisiert, genannte Geldprobleme sind selbstinszeniert. Doch Sobotka, die ÖVP und Teile der SPÖ setzen voll auf Dramatisierung. Sie wollen die Notverordnung offenbar nach dem Jetzt-erst-recht-Prinzip durchdrücken, in der Hoffnung, dadurch vielleicht manchen Wähler von der FPÖ abzuwerben.

Dabei dürften sie wissen, dass es europarechtlich ungeklärt ist, ob ihre Begründung für ein Aussetzen des Rechts von Flüchtlingen via Notverordnung, ein Asylverfahren zu bekommen, hält. Hier könnten vielmehr lange Verfahren mit der EU bevorstehen. Und der Respekt internationalen Asylrechts wäre noch mehr beschädigt: in Zeiten unklarer EU-Zukunftsperspektiven eine riskante Schwächung. (Irene Brickner, 26.6.2016)