Russlands Stürmerstar Ilja Kowaltschuk soll Geld in China beschaffen gehen.

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Peking – Um der nordamerikanischen NHL im asiatischen Markt entgegenzutreten, expandiert die grenzüberschreitende russische Eishockey-Liga KHL nach China. Bereits ab der kommenden Saison wird eine Mannschaft aus Peking, die Kunlun Red Stars, an der Meisterschaft teilnehmen wird. Die Unterzeichnung der entsprechenden Verträge ist nur noch Formalität.

Als sportliches Aushängeschild des neuen Teams soll Stürmerstar Ilja Kowaltschuk (33) im Gespräch sein, wie russische und chinesische Medien berichteten. Der zweifache Weltmeister und 848-fache NHL-Spieler ist derzeit Kapitän bei SKA St. Petersburg, das kürzlich Pawel Dazjuk aus der NHL nach Russland zurückgeholt hat.

Die Kontinentale Hockey-Liga (KHL), unterteilt in eine West- und eine Ost-Konferenz gibt es seit 2009, sie sollte dem mit sportlichen wie wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfenden Eishockey im postsowjetischen Raum einen Impuls geben. Einlösen konnte sich diese Versprechen jedoch nicht so recht. Die Besucherzahlen stagnieren auf eher enttäuschendem Niveau, in der Saison 2015/16 kamen im Schnitt 6,303 Zuschauer zu den Matches der KHL. Die Meisterschaft wird von den russischen Mannschaften geprägt, als bestes nicht-russisches Team belegte zuletzt Jokerit Helsinki im finalen Klassement den zehnten Platz.

Red Star wird das 29. Mitglied der KHL sein, China die achte Nation, die ein Team stellt. Der Einzugsbereich der Liga erstreckt sich somit künftig von Kroatien (Medvescak Zagreb), die Slowakei (Slovan Bratislava), Lettland (Dinamo Riga), Weißrussland (Dinamo Minsk) und Finnland (Jokerit) quer durch Russland und Kasachstan (Barys Astana) bis nach China.

Entwicklungsland China

Das dortige Eishockey hat in seiner Entwicklung noch viel Luft nach oben. Es gibt nur 1200 registrierte Spieler, die seit 1953 existierende nationale Liga besteht aussließlich aus Amateurmannschaften. Das einzige Profiteam des Landes, China Dragon tut sich in der Asia League Ice Hockey um, in der neun Teams aus Japan, China, Russland sowie Südkorea antreten – und spielt dort nur eine untergeordnete Rolle. Noch kein einziges Mal wurden die Playoffs erreicht.

Chinas Nationalteam der Herren steht im Ranking des Internationlen Eishockeyverbandes (IIHF) hinter Australien und vor Neuseeland auf Platz 37 (von 50). Bei der WM 2016 belegten die Chinesen in der viertklassigen Division II A noch hinter Island den letzten Platz und mussten absteigen.

Nun gilt es, in Peking ein Team zusammen zu stellen, das in der KHL zumindest halbwegs konkurrenzfähig sein kann. Die Zeit drängt, die neue Saison startet in zwei Monaten. Der Kader von Kunlun wird, mangels einheimischer Anwärter, mutmaßlich hauptsächlich aus russischen Cracks gebildet werden – ein Projekt, dessen Nachhaltigkeit zumindest angezweifelt werden kann.

Konkurrent NHL

Doch darum geht es wohl auch nicht. Man will sich im Rennen um Märkte gegenüber der NHL platzieren, denn auch die Nordamerikaner haben ihre Fühler bereits nach China ausgestreckt. Das wirtschaftliche Potential und die Zahl erreichbarer Konsumenten erscheinen mehr als attraktiv. Dass die NHL 2022 ihren Stars die Teilnahme an den olympischen Winterspielen in Peking ermöglichen will, ist ganz sicher kein Gnadenakt. (Michael Robausch, 25.6.2016)