Die Bruchlinien im Stimmverhalten der Briten verlaufen zwischen arm und reich, alt und jung, Bürgern mit höherem oder keinem formalen Bildungsabschluss. Das zeigt eine Analyse der demografischen Kennzahlen der 380 Council Areas, in denen die Wähler am Donnerstag für den EU-Austritt Großbritanniens gestimmt haben.

"Wir-gegen-sie"-Wahlkampf

Das Lager der Brexit-Befürworter hat im Wahlkampf ein "Wir-gegen-sie"-Denken orchestriert: Noch am Wahltag haben die Anhänger des EU-Austritts eine E-Mail erhalten, wonach das Kernland "die Bürger Schottlands und Londons" nicht gewinnen lassen dürfe. Mit einem Plakat, das Flüchtlinge in Slowenien zeigt, hat UKIP-Chef Nigel Farage die ohnehin hitzige Zuwanderungsdebatte weiter angefacht und damit selbst Austritts-Befürworter verärgert. Die Debatte war zugespitzt auf ein Duell mit zwei Seiten:

Eine, die von einer offenen Wirtschaft profitiert.

Und eine, die die Türen zu Europa verschließen will.

Die Strategie hat funktioniert. Die Ergebnisse des EU-Referendums zeigen ein zweigeteiltes Land.

Je höher das Einkommen, desto eher für EU-Verbleib

Wohlhabendere Regionen wie etwa London haben weitgehend für "Remain" gestimmt. Im Gegensatz dazu haben ehemalige industrielle Zentren im Norden und im Midland der Insel am ehesten für "Leave" gestimmt.

Je größer die Punkte, desto mehr Wahlberechtigte gab es im jeweiligen Bezirk.

Am besten schneiden die EU-Befürworter dort ab, wo der Anteil der Bevölkerung mit Hochschulabschluss höher ist: Dort haben die Wähler am deutlichsten für den Verbleib in der Europäischen Union gestimmt. Etwa im Finanzzentrum Londons, der City.

quelle: uk census, electoral commission

Weniger frappant, aber dennoch stark ist der Zusammenhang zwischen dem Anteil der Bevölkerung ohne formalen Bildungsabschluss und der Zustimmung zum EU-Austritt.

quelle: uk census, electoral commission

Auch das Wahlverhalten nach Altersgruppe unterscheidet sich stark: Großeltern haben viel eher für einen Brexit gestimmt als ihre Enkel. Und sie haben viel eher an der Wahl teilgenommen. Dort, wo der Anteil der jungen Bevölkerung hoch war, war die Wahlbeteiligung tendenziell niedriger.

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Boris Johnson, prominentester Befürworter des EU-Austritt, hat in seiner Siegesrede auf die Generationenkluft reagiert und gesagt: "Wir kehren Europa nicht den Rücken, das Gegenteil ist der Fall. Wir sind ein Teil von Europa."

Ob das den Jungwählern die Zukunftsangst nimmt, ist fraglich. Auch eine Umfrage, die die BBC am Freitagabend veröffentlicht hat, zeigt die Schere zwischen Alt und Jung.

Je internationaler die Bevölkerung eines Bezirkes ist, desto stärker war das Votum für einen Verbleib in der Europäischen Union. Regionen, in denen wenige Personen außerhalb Großbritanniens geboren wurden, tendierten eher zum Brexit.

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(Gerald Gartner, Markus Hametner, 25.06.2016)