Zukunftsvisionen 1939: Ein Flughafen mitten in der Altstadt.

Foto: GrazMuseum

Geschäfte, ein Hallenbad und eine Tiefgarage wollte man in den 1960er und 1970er-Jahren in das weit verzweigte Stollensystem bauen.

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Graz – Ein Flugplatz mitten in der Altstadt von Graz, ein Hallenbad im ehemaligen Luftschutzstollen und eine Vinothek, deren Gäste auf der Terrasse eines Baumhauses sitzen: Das sind nur drei von vielen Plänen und Visionen, die es für den Grazer Schlossberg gab. Um den Flughafen, der 1939 eine Zukunftsvision für den Berg mitten in der Stadt war, tut es heute wohl niemandem leid.

Slowenischer Name

Der Berg gab der Stadt einst ihren Namen. Graz kommt vom slowenischen Gradec, das "kleine Burg" oder "befestigter Ort" bedeutet. Denn was heute ein grünes Naherholungsgebiet ist, war einmal ein unfreundlicher Felsen, von dem man sich erzählte, der Teufel habe ihn mitten in die Stadt geschmissen. Zum Spazierengehen oder Spritzer trinken war er nicht gedacht. Das zeigt ein historisches großes Modell, das ein Kanonier und späterer Feuerwächter der Stadt namens Anton Sigl 1805 anfertigte. Es ist das Zentrum der kürzlich eröffneten neuen Dauerausstellung Schloßberg-Utopien im Parterre des GrazMuseums. Es zeigt einen schroffen Felsen, zugebaut mit Kasernen und Gefängnisbauten. Bevor Napoleon die Anlage, die ursprünglich als "Bollwerk" gegen die Osmanen gedacht war, fast gänzlich schleifen ließ, hielt Sigl den Berg, wie er war, in einem mehrere Meter langen Modell minutiös fest. Wäre da nicht der Uhrturm zu entdecken, die Grazer würden den Hausberg kaum wiedererkennen.

Die nie gebaute zweite Bahn

Ab 1820 wurde alles anders: Die Militärverwaltung zog ab, der Berg wurde parzelliert und an Bürger verkauft, die ihn nach und nach verschönerten. Vor allem ein Gartengestalter namens Freiherr von Welden tobte sich hier aus. Englische Gärten und Spazierwege entstanden. Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Standseilbahn auf den Berg gebaut, deren Nachfolgebahn immer noch läuft. Was aber heute kaum noch jemand weiß: Neben der mit Dampf betriebenen Bahn hätte ursprünglich eine zweite, als Gegengewicht zur ersten, an der Ostseite des Berges zur Talstation Paulustor führen sollen. Der Plan wurde verworfen, als man 1900 auf Elektrizität umstellte. Megabauten wie ein riesiges kulturelles Zentrum mit Festspielhalle und Restaurants in den 1890er-Jahren oder der grimmige "Führersaal" samt Turm, von dem aus Hitler ins heutige Slowenien blicken wollte, blieben Utopien, die man sich in der Schau in Modellen und Plänen ansehen kann.

Ein Schwimmbad kam auch nie in die sechs Kilometer langen Luftschutzstollen, die im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiter anlegen mussten. In den 1970er-Jahren wurde darüber nachgedacht. Aber eine Märchengrottenbahn und ein Veranstaltungssaal, der Dom im Berg, wurden realisiert. Ebenso wie der gläserne Lift, mit dem man heute durch den ganzen Berg nach oben fahren kann – oder die Freiluftbühne in den Kasematten. (Colette M. Schmidt, 25.6.2016)