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Präsent auch im Stadtbild von Córdoba: Spaniens Linke versucht im zweiten Anlauf mit einem Wahlbündnis gegen die großen Parteien zu punkten. Umfragen sehen aber Rajoys Partido Popular vorn.

Foto: Reuters / Marcello de Pozo

Wer dieser Tage durch Madrid geht, bekommt den Eindruck, nur eine Partei sei im Wahlkampf für die Parlamentswahlen am kommenden Sonntag: Unidos Podemos, das Bündnis aus Podemos und der Vereinigten Linken. Überall hängen ihre Plakate, Fahnen zieren so manchen Balkon. Vom Infostand über Bürgerfragestunden bis hin zu Großveranstaltungen – die Wahlkoalition bestimmt mit ihrem Slogan "Das Lächeln eines Landes" das Straßenbild. Die großen Parteien, der regierende konservative Partido Popular (PP) unter dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und der sozialistische PSOE von Pedro Sánchez, die jahrzehntelang das politische Leben des Landes prägten, lassen sich kaum blicken. Sie setzen auf Presse, Funk und Fernsehen.

Die Wähler stünden vor der Entscheidung, "eine moderate Partei oder die Radikalen" zu wählen, warnt der geschäftsführende Regierungschef Rajoy. Sein PP wird – so die Umfragen – mit rund 30 Prozent einmal mehr stärkste Partei werden. Trotz Korruptionsskandalen kann Rajoy mit seiner Kampagne die konservative Wählerschaft um sich scharen. Und das, obwohl bei Wählern bis Anfang 50 Unidos Podemos die stärkste Partei ist. Von 50 bis zum Rentenalter teilen sich die Sozialisten und die Konservativen die Führung. Nur bei den Rentnern liegt Rajoys PP deutlich vorn. Doch genau dies bringt ihm Stimmen und vor allem Abgeordnete im ländlichen Raum, wo die jungen Menschen zum großen Teil abgewandert sind.

Zweiter Anlauf

Es sind die zweiten Parlamentswahlen in nur sechs Monaten. Der erneute Wahlgang ist notwendig geworden, nachdem sich das im Dezember des Vorjahres gewählte Parlament auf keine Regierung hatte einigen können. Erstmals saßen sich nicht mehr wie bisher mit PP und PSOE zwei Blöcke gegenüber. Die Antiausteritätspartei Podemos unter dem Politikprofessor Pablo Iglesias und die rechtsliberalen Ciudadanos unter Albert Rivera zogen erstmals mit starken Fraktionen ins Parlament ein. Eine Koalition, die eine Mehrheit hinter sich hätte vereinigen können, kam jedoch nicht zustande. Jetzt sollen die Wähler das Patt in Neuwahlen aufheben.

Ein Schachzug von Podemos könnte dies tatsächlich bewirken. Die vor zwei Jahren entstandene Formation schloss sich mit der Vereinigten Linken zu Unidos Podemos zusammen. Das bringt genug Stimmen, um die Sozialisten von Platz zwei auf Platz drei zu verdrängen und den Konservativen nahe zu kommen. Genau darauf hatte Iglesias nach den letzten Wahlen geschielt: Damals schon hatte er versucht, Sozialistenchef Pedro Sánchez zu einem Linksbündnis mit Podemos und anderen linksgerichteten Kräften im Parlament zu drängen – ohne Beteiligung von Ciudadanos.

Sánchez hält sich bedeckt

Iglesias hatte gehofft, bei Neuwahlen die Position seiner Partei stärken zu können. Die Rechnung war riskant, könnte aber nach jüngsten Umfragen aufgehen: Diese sagen eine regierungsfähige Mehrheit für eine solche Koalition vorher – wenn die Sozialisten denn wollen. Doch Sánchez hält sich bedeckt. Erstens wirft er Iglesias vor, mit seinem Nein zu einer Regierung aus PSOE und Rechtsliberalen die Konservativen unterstützt zu haben. Und zweitens steht er unter dem Druck der Regionalführer im Parteivorstand, der keine Regierungsbeteiligung von Podemos will.

Pablo Iglesias wettert unterdessen gegen die Korruption, verspricht eine Sozialpolitik, die den Krisenopfern zugutekommen soll, und spricht damit einen nicht unbeträchtlichen Teil der Bevölkerung an. 23 Prozent der Spanier sind ohne Arbeit, bei jungen Menschen sind es mehr als 50 Prozent. Nur jeder zweite Arbeitslose bezieht Unterstützung vom Staat. Über 22 Prozent der Spanier leben an oder unter der Armutsgrenze. Im Schul- und Bildungswesen wurden Milliarden gekürzt. PSOE und PP nahmen gemeinsam 2011 in einem Eilverfahren auf Druck aus Brüssel und Berlin einen Paragrafen in die Verfassung auf, der Schuldentilgung den Vorrang vor Sozialabgaben gibt. Viele Wähler haben ihnen das nicht verziehen. (Reiner Wandler aus Madrid, 25.6.2016)