2014 scheiterte McCarthys "Mechanical Pig" aus der Sammlung Essl an der Taxe von 1,3-1,9 Millionen Euro. Nach der Reduktion auf 530.000 bis 770.000 Euro hofft Christie's nun in eigenem Interesse auf einen Käufer.

Foto: Christie's

Sommerschlussverkauf ist sonst nicht der Begriff, der einem im Vorfeld der kommende Woche in London anberaumten Auktionen zeitgenössischer Kunst spontan in den Sinn käme. Eher ist das Gegenteil der Fall, zieht man etwa die mit bekannten Künstlermarken gespickten Kataloge ins Kalkül, die um die Gunst der global verstreuten Klientel buhlen.

Nicht ob es einen neuen Rekord zu notieren gilt, sondern wie viele, war hier stets die Devise. Und auch jüngst in New York erzielte füllen die Warenlager in London, wie ein aktuelles Beispiel belegt. Im Mai hatte ein japanischer Milliardär 57,28 Millionen Dollar für ein Selbstporträt Jean-Michel Basquiats bewilligt. Ein neuer Höchstwert, der die Verhandlungen des Christie's-Departments mit Hollywood-Star Johnny Depp deutlich erleichtert haben wird.

Er lässt jetzt in London neun Basquiats aus seiner Sammlung versteigern, die ihm zumindest 6,6 Millionen Dollar bescheren sollen. Dazu gehört etwa die dreiteilige Collage Self-Portrait von 1981. Depp hatte sie im November 2000 für 578.000 Dollar bei Christie's ersteigert, nun wurde ihm mehr das Dreifache in Aussicht gestellt. So fantastisch solche Renditen wirken, realisierbar sind sie nicht immer. Denn oftmals orientieren sich Schätzwerte eher am Trennungsschmerz des Verkäufers als an den realistischen Marktbedingungen.

50 Prozent Rabatt

Auf solche Beispiele stößt man im aktuellen Christie's-Angebot auch. Und die Geschichte dazu beginnt im Frühjahr 2014, als Karlheinz Essl der Republik seine Sammlung ("ca. 4900 Positionen") andiente, um sie vor der Verwertung der Baumax-Gläubiger zu bewahren. Die öffentliche Hand lehnte einen Ankauf ab – trotzdem Lobbyist Wolfgang Rosam hinter den Kulissen die Fäden zog. Über das Wirtschaftsmagazin Trend hatte er etwa einen Gesamtwert von 250 Millionen Euro lanciert, den Fachleute als absurd entlarvten. Christie's, Sotheby's und das Dorotheum kamen in ihrer Bewertung auf etwa 160 Millionen Euro.

Die Filetierung war bereits entriert, als Hans Peter Haselsteiner (HPH) ins Spiel kam. Gemeinsam gründete man die SE-Sammlung Essl GmbH (60 Prozent HPH, 40 Essl), und die 42 Gläubigerbanken wurden mit 115 Millionen Euro abgefunden. Ein Überbrückungskredit, der Bonität HPHs sei Dank.

Essl verlautbarte die Rettung der Sammlung und des Museums. Geschichte: Kommende Woche schließt das Museum nach 17 Jahren seine Türen, und der bis 2024 laufende Kredit muss über Verkäufe aus der Sammlung refinanziert werden. Der noch offene Betrag liege in der Größenordnung von etwa 40 Millionen Euro, beziffert Haselsteiner auf Standard-Anfrage.

Minusgeschäfte

Den größten Brocken hatte die im Oktober 2014 von Christie's in London versteigerte Tranche eingespielt. Der Nettoumsatz (exkl. Aufgelds) belief sich auf 50,79 Millionen Euro, vier Werke blieben unverkauft: Gerhard Richters Netz von 1985, das laut Onlinewerkverzeichnis zwischenzeitlich für 5,5 Millionen Pfund deutlich unter der ursprünglich angesetzten Taxe (7-10 Mio. Pfund) den Besitzer wechselte. Weiters eine kleine Skulptur von Eduardo Chillida, für die man im Oktober 2015 für 326.000 Euro einen Käufer fand.

Ob es für Christie's ein Minusgeschäft war? Denn unabhängig vom Verlauf der Auktion hatte man Essl einen Erlös garantiert, der wohl höher gewesen sein dürfte als bislang angenommen. Um wie viel höher, war aktuell nicht in Erfahrung zu bringen, über solche Details gebe man keine Auskunft. Der entscheidende Hinweis lauert im Angebot der bevorstehenden Abendauktion (29. 6.), konkret der Vermerk, der auf eine Eigentümerschaft Christie's verweist: sowohl bei Martin Kippenbergers neunteiliger Serie von 1984 (1,3-1,9 Mio. Euro) als auch bei Paul McCarthy's Mechanical Pig (520.000-770.000 Euro).

Gegenüber Oktober 2014 schrumpften die Erwartungen deutlich. Beim "Kippi" beläuft sich der Rabatt auf 50 Prozent, beim automatisierten "Schweinderl" gar auf 60 Prozent. Hat was von Sommerschlussverkauf irgendwie. (Olga Kronsteiner, 25.6.2016)